Dass Lieferengpässe einen erheblichen Mehraufwand für Apotheken bedeuten, ist bekannt. Emel Özgen, Inhaberin der Neue Laubenheimer Apotheke in Mainz-Laubenheim, ärgert sich jedoch, dass sie aufgrund von Retaxationen der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) nun auch noch für jedes einzelne nicht lieferbare Medikament lange Listen zur Nichtverfügbarkeit ausdrucken und nachreichen soll.
„Im November vergangenen Jahres haben wir für einen Patienten das Medikament Rosuvastatin abgegeben. Seit September bestanden für einige Hersteller Lieferengpässe. So waren wir gezwungen, das Originalpräparat für einen Preis von 240 Euro abzurechnen“, so Özgen. Trotz Sonder-PZN und ausführlicher Begründung für die Abgabe außerhalb des Rabattvertrages weigert sich die KKH, die Mehrkosten zu übernehmen, und retaxierte kürzlich das Rezept. „Die Kasse will etwa 17 Euro übernehmen, den Rest soll der Patient als Eigenanteil bezahlen. Dass die ganze Sache nun schon fast ein halbes Jahr her ist, interessiert die Kasse herzlich wenig“, so die Apothekerin.
Dabei ist die Sachlage im Rahmenvertrag eindeutig geregelt: „Ist bei einer Abgabe nach Absatz 2 kein Fertigarzneimittel zum Festbetrag verfügbar, trägt die Krankenkasse abweichend von § 31 Absatz 2 Satz 1 SGB V die Mehrkosten. Bezugsgröße für die Bemessung der Zuzahlung nach § 61 Satz 1 SGB V ist der Abgabepreis des Fertigarzneimittels.“ Laut Özgens Recherche waren zu dem Zeitpunkt der Arzneimittelabgabe weder der Rabattartikel noch einer der vier günstigsten Artikel verfügbar. Um den Patienten so schnell wie möglich versorgen zu können, blieb also nur die Abgabe des Originalpräparates.
„Wir jonglieren jeden Tag und versuchen, immer alles möglich zu machen. Obendrauf bekommt man dann noch von der Krankenkasse eins auf den Deckel“, ärgert sich Özgen. Im Grunde sei sie verpflichtet, für jedes retaxierte Rezept den Nachweis einer Nichtverfügbarkeit zu bringen. „Wir sitzen dafür jedes Mal fast eine Stunde und drucken die Listen aus, schreiben Fax, Brief und Mail, damit es sicher auch bei der Kasse ankommt“, so die Inhaberin.
„Das ist ein erheblicher Mehraufwand, den mir aber niemand vergütet. Zudem muss das alles natürlich neben dem alltäglichen Wahnsinn gemanaged werden.“ Oft sitze sie deshalb noch abends an der Rezeptkontrolle, damit auch kein fehlendes „DJ“ durchrutscht oder eine fehlende Sonder-PZN noch nachgedruckt werden kann.
„Ich warte dabei jedes Mal auf mein Geld, das ist so ärgerlich“, so Özgen. Mittlerweile habe sie zur Rosuvastatin-Retax der KKH auch den Landesapothekerverband (LAV) eingeschaltet. „Wir sind in den Widerspruch gegangen, die Kasse hat nun drei Monate Zeit, um zu reagieren. In der Zeit muss ich aber auch auf mein Geld warten.“ Auf Facebook veröffentlichte die Apothekerin kürzlich ein Schreiben, welches sie der Kasse widmet: „Her mit meinem Geld“, forderte sie die Kasse auf. „Ich werde Ihnen nun auch eine Rechnung für die Mehrarbeit, die meine Angestellte hatte, schreiben“, so heißt es weiter.
Zwar schaltete sich daraufhin das Social Media Team der KKH auf Facebook ein, jedoch nur mit einer banalen Aufforderung: „Wir würden uns freuen, wenn Sie sich über unser Kontaktformular melden und uns die Möglichkeit geben, uns nochmal mit Ihnen auszutauschen.“ Auf den Widerspruch habe die Kasse aber bislang noch nicht reagiert, so Özgen.
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