Schon im Frühjahr gab es erste Hinweise, dass nach einem halben Jahr eine dritte Impfung gegen das Coronavirus notwendig sein könnte. Und obwohl dann auch noch Wissenschaftler vor einer vierten Welle warnten, wurden die Impfzentren geschlossen. Mehr noch: Zig Millionen Dosen Impfstoff wurden an die Initiative Covax gespendet. Wie jetzt veröffentlichte Unterlagen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) zeigen, wurde Moderna noch Ende November großzügig abgegeben.
Ursprünglich waren laut BMG-Statistik vom 18. November für das vierte Quartal folgende Lieferungen geplant:
Doch nicht alles war für Deutschland vorgesehen. So sollten die kompletten Lieferungen der beiden Vektorimpfstoffe direkt an Covax gespendet werden. Auch von Biontech sollten 10,2 Millionen Dosen gespendet werden, sodass effektiv 13,2 Millionen Dosen für Grund- und Auffrischungsimpfungen für Jugendliche und Erwachsene zur Verfügung stehen sollten. Zusammen mit dem Impfstoff von Moderna sollte das mehr als ausreichend sein, wie der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) immer wieder beteuerte.
Doch die neue Liste, die das BMG nach massiven Protesten über die Intransparenz bei den Impfstofflieferungen veröffentlichte, weisen ein weiteres Detail aus: Demnach sollen auch 32 Millionen Dosen Moderna gespendet werden, sodass eigentlich nur rund 15 Millionen Dosen für Deutschland übrig blieben. In der jüngsten Lieferprognose des BMG vom 18. November waren diese Moderna-Spenden noch nicht einberechnet – allerdings hatte der Hersteller die Spendenvereinbarung nach eigenen Angaben bereits am 16. November öffentlich gemacht. Entsprechend früher muss sie unterzeichnet worden und dem BMG bekannt gewesen sein.
Umgerechnet auf Booster-Impfungen wären das zwar immer noch 30 Millionen Dosen und zusammen mit Biontech genügend Impfstoff für 43 Millionen Auffrischungsimpfungen. Doch dies entspricht exakt der Menge an Personen, die im selben Zeitraum Anspruch auf einen Booster haben:
Mit anderen Worten: Von dem für Deutschland verbleibenden Impfstoff hätte nach Planung des BMG nicht nur jede einzelne Dosis die richtige Impfstelle erreichen müssen. Es wären auch keine Dosen mehr für Erst- oder Zweitimpfungen übrig gewesen. Allerdings waren laut offizieller Statistik zu Beginn des vierten Quartals rund 10,6 Millionen Dosen unverimpft. In den Beständen des Bundes war also noch Impfstoff in nennenswertem Umfang verfügbar. Außerdem hatte das BMG bereits im dritten Quartal zugunsten anderer EU-Mitgliedstaaten auf 6,67 Millionen Dosen von Moderna verzichtet. Die Lieferungen sollten im vierten Quartal nachgeholt werden.
Hintergrund dafür, dass das BMG noch in diesem Umfang Impfstoff spendete, obwohl da bereits der Run auf Praxen und Impfzentren begonnen hatte und die Kontingentiertung bereits für Schlagzeilen sorgte, dürften die zähen Verhandlungen mit den Herstellern sein. Rahmenverträge mit Covax waren zwar bereits vor längerem unterzeichnet worden, doch die entsprechende Vereinbarung mit Moderna, in der etwa die laut ursprünglichem EU-Vertrag erforderlichen Ausgleichszahlungen geregelt wurden, fehlte noch.
Mittlerweile hat das BMG nachgebessert. Von Biontech gibt es zwar kein zusätzliches Kontingent; nur eine Lieferung aus KW 50 konnte vorgezogen werden – sodass ab KW 50 gar nichts mehr kommt. Doch mit Moderna konnte vereinbart werden, dass die für das dritte Quartal 2022 vereinbarte Lieferung von 10 Millionen Dosen – entsprechend 20 Millionen Booster-Dosen – vorgezogen wird. „Die Teil-Auslieferung dieser Dosen an Deutschland beginnt bereits in der nächsten Woche“, so das BMG.
Zudem fließen die an Covax zugesagten Impfdosen laut BMG deutlich langsamer an Drittländer als geplant. Daher wurde mit Covax vereinbart, dass 8 Millionen Moderna-Dosen, also 16 Millionen Booster-Dosen, weniger in 2021 gespendet werden als geplant. Auch diese Dosen sollen noch im Dezember an Deutschland ausgeliefert werden. „Konkrete Lieferdaten folgen.“ Aktuell plant das BMG mit 20,7 Millionen Dosen, also Spikevax für 41,4 Millionen Auffrischungsimpfungen.
Parallel verhandelt das BMG nach eigenen Angaben mit anderen EU-Ländern, die ihre Biontech-Dosen aktuell nicht komplett benötigen. Ziel sei, zwei bis drei Millionen zusätzliche Dosen im Dezember übernehmen zu können, heißt es in den Informationen, die Spahn an die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) schickte.
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