Bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) weiter aufs Tempo drücken: Alle Apotheken sollen dazu bis März 2020 an die Telematik-Infrastruktur der Gematik (TI) angeschlossen werden. Und Ärzte sollen voraussichtlich ab Januar 2020 sinnvolle Gesundheits-Apps per Rezept verordnen können, die von den Krankenkassen bezahlt werden müssen. Dazu hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) jetzt das „Digitale Versorgung Gesetz“ vorgelegt. Noch nicht enthalten darin ist ein Starttermin für den seit langem erwarteten elektronischen Medikationsplan. Allerdings stellt das Gesetz klar, dass es dafür für Apotheken ein Extra-Honorar gibt.
„Der Patient von morgen wird immer noch einen Arzt brauchen. Aber er wird keinen Arzt mehr ernst nehmen, der nur noch über Karteikarten arbeitet“, sagte Spahn bei der Vorstellung des Referentenentwurfs. Spahn rief die Akteure des Gesundheitswesens auf, den digitalen Wandel mitzugestalten und offen für Veränderungen zu sein.
Wie aus dem BMG zu erfahren war, wird derzeit in der Gematik über den Starttermin für den eMedikationsplan verhandelt. Geplant ist das Jahr 2021 im Zuge der Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA). Im Rahmen des derzeit diskutierten Apothekenstärkungsgesetzes könne im Zusammenhang mit dem neuen Strukturfonds auch eine Honorierung der Apotheker für ihre Dienstleistungen beim eMedikationsplan vereinbart werden, hieß es aus dem BMG. Im Gesetz wird dazu klargestellt, „dass es sich beim Abgleich und der Synchronisation der Medikationsdaten des Medikationsplans durch den Apotheker mit den Angaben in der elektronischen Patientenakte um eine zusätzlich honorierte pharmazeutische Dienstleistung handelt, auf die Versicherte einen Anspruch haben“. Für die mit diesem Gesetz eingeführte pharmazeutische Dienstleistung von Apotheken des Abgleichs und der Synchronisation der Medikationsdaten des Medikationsplans mit der elektronischen Patientenakte werde „die Vergütung um … Cent auf … Cent angehoben“. Die Höhe des Extra-Honoras muss also noch eingetragen werden.
Weil es bei den Ärzten mit dem Anschluss an die TI noch nicht so gut läuft, erhöht das BMG im Digitalisierungsgesetz den Druck auf die Arztpraxen. Ab 1. Juli müssen nicht angeschlossen Praxen eine Abzug von 1,5 Prozent von ihrem Budget hinnehmen. Diese Strafzahlung soll mit dem Gesetz auf 2,5 Porzent steigen. Derzeit sind von den 176.000 Ärzten nur 64.000 angeschlossen. Bis Mitte 2019 sollen es 110.000 sein. Anders als bei den Ärzten sind für Apotheker bislang keine Strafen vorgesehen, falls der Anschlusstermin März 2020 nicht eingehalten wird.
Deutlich beschleunigen will Spahn den Einzug von Medizin-Apps in die Versorgung der Patienten. Künftig können sie sich sinnvolle Anwendungen von den Ärzten zu Lasten der Kassen verordnen kassen. Dazu werden Zulassungsprozesse vereinfacht und die Erstattungsfähigkeit erleichtert. Nach einer ersten Prüfung von Sicherheit, Datenschutz, Qualität und Nutzerfreundlichkeit müssen solche Apps ein Jahr lang von den Kassen bezahlt werden. In dieser Zeit muss der Hersteller beim BfArM nachweisen, dass sein Angebot positive Effekte für die Versorgung hat. Über die Höhe der Erstattung verhandelt der Hersteller dann selbst mit dem GKV-Spitzenverband.
Alltag werden soll auch die Vidoesprechstunde mit dem Arzt. Ärzte dürfen dazu küpnftig auf ihrer Internetseite darüber informieren. Bisher muss die Einwilligung des Patienten für eine Videosprechstunde schriftlich erfolgen. Das soll künftig im Rahmen der Videosprechstunde online möglich sein. Erweitert werden auch die Möglichkeiten für Ärzte, sich auf digitalem Weg mit Kollegen auszutauschen. Solche „Telefonkonsile“ werden außerhalb des Praxisbudget vergütet.
Umswitchen will das BMG die Ärzte von Faxen auf Emails: Bislang erhalten Ärzte für einen Arztbrief per Fax 55 Cent, für den Versand per Email aber nur 28 Cent und für den Empfang einer Arztbrief-Email nur 27 Cent. Für den Email-Arztbrief will das BMG deutlich mehr Geld über die Kassen bezahlen. Versicherte sollen sich zudem auch online bei einer Kassen anmelden können. Und Kassen dürfen ihren Versicherten dann über neue Angebote elektronisch informieren.
Bis 2024 verlängert wird der Innovationsfonds. Dadurch sollen Patienten rascher in den Genuß innovativer Versorgungsansätze kommen. Kassen können sich künftig dann auch mit Kapital an der Entwicklung digitaler Angebote beteiligen. Dafür dürfen sie aber nicht mehr als 2 Prozent ihrer Finanzreserven einsetzen. In Kraft treten soll das 2. eHealth-Gesetz Anfang 2021. Noch vor der Sommerpause soll das Kabinett sich mit dem Entwurf befassen.
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