Aus nach 400 Jahren

Einkaufstempel vertreibt historische Apotheke

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Berlin -

Seit 1615 gibt es die Karls-Apotheke am Aachener Markt. Im August ist Schluss. Weil in der Nähe ein Einkaufszentrum eröffnete, war der Betrieb für die Inhaberin Gabriele Neumann nicht mehr rentabel. Der Verkauf an einen Nachfolger scheiterte an den strengen Auflagen der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO). Somit geht in Aachen nach 400 Jahren ein Stück Apothekengeschichte zu Ende.

Der Anfang vom Ende für die Karls-Apotheke kam mit der Eröffnung des Aquis Plaza im Herbst. Das rund einen Kilometer entfernte Einkaufszentrum beherbergt neben rund 130 Geschäften auch die neue Acnos Apotheke und veränderte die Kundenströme in der Aachener Innenstadt massiv: „Ich habe mittlerweile 20 Prozent weniger Kunden als vor der Eröffnung des Centers“, klagt Neumann. Der Umsatz brach ein, die Karls-Apotheke sei nun nicht mehr gewinnbringend zu betreiben.

Einen Nachfolger für die Traditionsapotheke wird es nicht geben. „Für einen Verkauf hätte es laut der Apothekenbetriebsordnung einen kompletten Umbau der Räumlichkeiten gebraucht. Labor, Brandschutz, alles hätte erneuert werden müssen“, erklärt Neumann. Das hätte sich einfach nicht mehr gelohnt. Hier machen sich die Nachteile des historischen Ambientes bemerkbar.

Dass das neue Einkaufszentrum keine positiven Folgen für ihr Geschäft haben würde, ahnte die Apothekerin schon vor dessen Eröffnung. Als aktives Mitglied der IG Altstadt sprach sie mit den Stadtoberen und warnte vor dem Einfluss des Aquis Plaza auf den Einzelhandel. Hilfe von der Stadt sei jedoch nicht gekommen. Die Folge: Viele Geschäfte in der Innenstadt mussten schließen, alleine drei Apotheken gaben dieses Jahr ihren Betrieb auf.

Neumanns Kunden reagierten geschockt auf die Nachricht, dass die 400-jährige Apotheke schließen muss: „Sie konnten es gar nicht fassen. Diese Apotheke hat alles überstanden, Kriege, Pest und Cholera. Und bald wird es sie nicht mehr geben.“ Immerhin konnte Neumann sicherstellen, dass ihre Angestellten weiter in Lohn und Brot stehen. Fünf der sechs Mitarbeiter hätten bereits einen neuen Arbeitgeber gefunden. Die verbleibende Kollegin befände sich in aussichtsreichen Gesprächen.

Auch für Neumann selbst wird es in einer Apotheke weitergehen. Sie tritt eine Anstellung in der ein paar hundert Meter entfernten Markt-Apotheke von Inhaber Dr. Wilhelm Thevis an. Auch ihr Ehrenamt als Kreisvertrauensapothekerin wird sie weiter ausüben. Trotz aller Schwierigkeiten und Rückschläge sagt Neumann: „Der Apothekerberuf macht mir weiterhin so viel Spaß, das will ich einfach nicht aufgeben. Da möchte ich noch so lange wie möglich am Ball bleiben.“

Neumann kaufte die Karls-Apotheke im Februar 2001 von Elfriede Glombitza, deren Familie den Betrieb über mehrere Jahrzehnte und Generationen führte. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch 85 Apotheken in Aachen. Gut 18 Jahre später sind es nur noch 63. „Ich werde nicht die letzte sein, die ihren Betrieb schließen muss“, zeichnet Neumann ein düsteres Bild für die Zukunft. „Wenn Politiker und Behörden uns weiter ihre Schnippchen schlagen, können wir nur zusehen, dass wir mit unseren Apotheken finanziell nicht baden gehen.“

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