Selbstbewusst trotz Insolvenz

„Eine Apotheken-Pleite ist keine Schande“

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Berlin -

Die Apotheken sind in diesen unsicheren Zeiten bemüht, ein stabiles Betriebsergebnis zu erzielen. „Die Rahmenbedingungen für Apotheken werden immer schlechter“, sagt der Jurist Markus Küthe. Der Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht betont, dass es für zahlungsunfähige Inhaberinnen und Inhaber weitergehen kann. „Es geht nicht ums Scheitern, wir gehen nicht zu einer Beerdigung, sondern man gestaltet die Zukunft.“

Die Entwicklung der Apothekenvergütung im verschreibungspflichtigen Bereich, die von der Politik und der Gesetzgebung herbeigeführt worden sei, sei katastrophal, so Küthe. Als Eigenverwalter betreute er bereits mehrere Inhaber und sanierte die insolventen Betriebe. „Das Eis, auf dem sich die Apotheken befinden, wird immer brüchiger. Doch eine Apotheken-Pleite ist keine Schande. Man muss erst einmal schaffen zu verstehen, dass es mit dem Betrieb weitergehen kann.“

Druck vom Großhandel

Wichtig sei, die bevorstehende Zahlungsunfähigkeit nicht zu verdrängen. „Ich habe schon Anrufe bekommen, da war die erste Großhandelsabrechnung geplatzt. Dann hat man nicht mehr viel Zeit, auch weil der Großhandel bei diesem Thema sehr dünnhäutig ist.“ Sechs Monate vorher sollten sich Inhaberinnen und Inhaber idealerweise melden. „Eine Insolvenzverschleppung wie bei einer GmbH gibt es nicht“, sagt er. Allerdings seien andere Straftatbestände möglich, wie etwa der Eingehungsbetrug. Dabei wird vorgetäuscht, dass man gekaufte Ware bezahlen will, obwohl man die Mittel dazu nicht mehr hat.

Die Offenlegung von Rechten aus Eigentumsvorbehalten etwa gegenüber dem Abrechenzentrum werde in der Regel erst bei Eintritt in die Eigenverwaltung ausgeübt. „Der Großhandel holt sich als erster sein Geld, obwohl er abgesichert ist. Wie dabei gegenüber den Apotheken aufgetreten und welcher Druck aufgebaut wird, ist bei einem Konzern, der Milliarden umsetzt, nicht verhältnismäßig, auch wenn es um sechsstellige Beträge gehen kann“, kritisiert Küthe. Nach wenigen Tagen könne man aber meist wieder normal miteinander sprechen.

Apotheken, die sich für eine Insolvenz mit Eigenverwaltung entschieden, sollten dies strukturiert über eine spezialisierte Kanzlei beantragen. „Und zwar je früher, desto besser“, so Küthe. „Ich hatte einen Fall, da meldete sich der Apotheker bereits vier Jahre früher und sagte, dass etwas nicht stimmt. Das ist natürlich nicht repräsentativ.“ Der Vorteil der Insolvenz sei, dass die betroffenen Inhaberinnen und Inhaber dadurch aus Miet-, Leasing- und auch Personalverträgen herauskämen. „Ich kann diese Verträge einfach kündigen und abschneiden.“

Wichtig sei, gemeinsam mit dem Eigenverwalter ein zukunftsfähiges Restrukturierungskonzept vorzulegen. „Die Apotheker haben in der Regel bereits eine Idee, welchen Klotz am Bein sie loswerden müssen, um den Betrieb wieder wirtschaftlich zu betreiben.“ Gesetzlich sei festgelegt, dass die Eigenverwaltung nicht teurer sein darf als eine Regelinsolvenz. „Dann wären die Gläubiger benachteiligt“, sagt Küthe. Der Apotheker habe in der Eigenverwaltung wegen des höheren Beratungsaufwandes mehr Kosten. Dafür bekommt der vom Gericht eingesetzte Sachwalter für die Aufsichtsfunktion 60 Prozent der Vergütung, die der Insolvenzverwalter in einer normalen Insolvenz bekommen würde.

GmbH hilft Inhabern nicht

Die immer wieder ins Gespräch gebrachte GmbH – auch wenn sie für Apotheken nicht erlaubt ist – sei keine Lösung. „Sie hat nur vordergründig den Charme, dass Privates außen vor bleibt.“ Denn in der Regel nehme eine Apothekerin oder ein Apotheker für den Betrieb ein Darlehen auf, für das er oder sie bei der Bank bürgen müsse. „Über diesen Weg ist das Privatvermögen dann auch wieder mit in der Haftung.“ Die Unternehmensform des eingetragenen Kaufmannes hat auch einen Vorteil. Hier fließt das Vermögen von Ehegatten und Kindern ohne weiteres nicht in die Insolvenzmasse mit ein.

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