Apotheker-Treibstoff

Ein Schnäpschen auf Gertrüdchen

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Berlin -

Drei Tage im Jahr darf Apotheker Sven Simons aus Neuenrade im Sauerland selbst gemachten Schnaps verkaufen. Ohne den „Buba Bitter“ wäre die beliebte Kirmes „Gertrüdchen“, die in diesem Jahr zum 663. Mal stattfindet, nämlich undenkbar. Das Rezept unterliegt der obersten Geheimhaltungsstufe. Nur so viel wird verraten: Der Kirmes-Treibstoff hat 32 Prozent Alkoholgehalt.

Simons ist mit Leidenschaft Apotheker, mit derselben Begeisterung erzählt er vom „Gertrüdchen“, einem der ältesten Volksfeste Deutschlands. Es ist der Heiligen Gertrud gewidmet und startete dereinst als Viehmarkt. Seit 1835 hat die 1782 gegründete Apotheke die Lizenz zum Schnapsausschank. „Damals wurde der Schnaps zum ersten Mal erwähnt“, erzählt Simons.

Vor einigen Jahren bekam er den Namen „Buba Bitter“ und das kam so: Die Vorgänger Simons‘ in der Gertruden-Apotheke, die Familie Buntenbach, hat vier Söhne, die zu Hause und von Freunden Buba 1, Buba 2 und so fort genannt wurden. Daraus entstand, vermutlich in Schnapslaune, der Buba Bitter.

Als Apothekerin Alexandra Simons 2008 die Gertruden-Apotheke übernahm, stand fest, dass auch die Buba Bitter-Tradition fortgeführt werden muss. Für viele Neuenradener und ihre Gäste wäre ein Gertrüdchen ohne die Fläschchen der Apotheker nämlich keine richtige Kirmes. Der erste Apotheker, der zur Kirmes Schnaps braute, war Johann Adolf Hempel, der am 12. November 1782 von seiner Majestät, König Friedrich II von Preußen, das Privileg zum Betreiben einer Apotheke erhielt. In der Zeit, in der Napoleon die preußischen Lande besetzte, brannte er den beliebten Schnaps, der Kirmes-Besucher fröhlich stimmte. Überliefert ist diese Beobachtung: „Nach jedem Schluck schüttelten sich die Fremdlinge und verließen schließlich schwankend das Haus. Aber schon am nächsten Tag waren sie wieder da und verlangten erneut den guten Tropfen.“

Gesund soll der Schnaps auch sein, sozusagen vom Apotheker empfohlen: „Er besteht aus Kräutern, hat eine angenehme Milde und Süße und ist in Maßen magenverträglich“, erklärt Simons. Bedauerlicherweise belegen statistische Verkaufszahlen, dass die Deutschen immer weniger Schnaps konsumieren. „Heute trinkt keiner mehr 15 Schnäpse und geht dann nach Hause“, sagt der Apotheker, „aber er gehört einfach zur Kirmes.“

Für die Dauer des fröhlichen Festes wird ein Teil der Apotheke ins Geschehen verlagert, die Apotheken-Außenstelle wird schon eineinhalb Wochen vorher komplett überdacht. „Wir stehen mit einem Team von Freitag nachmittags bis Sonntag hinter der Theke“, sagt Simons. Und verrät noch einen Geheimtipp: „Da es in den vergangenen Jahren eher kälter war, haben wir Apfelpunsch mit einem Schuss Buba Bitter erfunden.“ Rund um die Buba Bitter- Ausschank gibt es während der Kirmes auch Essstände.

Die Zeiten, in denen der Likör im Keller der Apotheke hergestellt wurde, sind längst vorbei. „Ich verrate nicht, wo wir produzieren lassen“, gibt sich der Apotheker wortkarg. Ein bisschen Geheimnis muss sein. Was bei Gertrüdchen übrig bleibt, wird in der Apotheke verkauft und gerne als Geschenk bestellt. Das 0,7-Liter-Fläschchen kostet 14,50 Euro, die historisch anmutende Tonflasche (Inhalt 0,35 Liter) 9,50 Euro.

Auf der Kirmes tritt auch Kim Lohmann auf, die erste Finalistin des Gesangswettbewerbs „Revoice of Pharmacy“ von APOTHEKE ADHOC und GeloRevoice. Am Samstag um 21 Uhr wird die PTA unter anderem ihren Song „Butterflies“ singen.

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