Vor der Unterzeichnung des Mietvertrages sollten Apotheker einen genauen Blick in das Grundbuch werfen, um die Eigentümerschaft der Immobilien zu verifizieren. In Chemnitz ist nämlich Apothekerin Angelika Zipplies das Opfer einer jahrelangen Fehde zwischen zwei Geschäftsleuten geworden. Sie musste im Stadtteil Morgenleite nicht nur ihre Apotheke räumen. Zipplies hat viel Geld verloren und ihre Gesundheit aufs Spiel gesetzt. Ihr ehemaliges Labor lagert jetzt in ihrem Keller.
Nach 25 Jahren hat die Sertürner-Apotheke Anfang September ihre Türen geschlossen – nicht freiwillig: „Wirtschaftlich war alles gut.“ Es ist die Folge eines juristischen Streits zwischen dem Eigentümer des Versorgungszentrums und einem mit den Umbauarbeiten beauftragten Bauunternehmer. Vor Gericht streiten beide, wem das Versorgungszentrum eigentlich gehört. Die Apothekerin geriet zwischen die Fronten.
Im September 2011 gab Zipplies ihre alte Apotheke auf, weil wegen des Brandschutzes eine Treppe gesperrt werden musste. Sie stieß auf den neuen Standort. Weil sie vom jahrelange Zwist der beiden Geschäftsleute nicht nur um das Versorgungszentrum in Morgenleite wusste, warf sie vor der Unterschrift unter den Mietvertrag einen Blick ins Grundbuch. Dort gab es im Juli 2011 eine Auflassungsvormerkung für ihren Vermieter. „Für mich sah damit alles in Ordnung aus.“
Als sie mit den Umbauarbeiten fertig war, war der der Auflassungsvormerkung zugrunde liegende Kaufvertrag ohne Wissen der Apothekerin aber bereits wieder zurückgezogen und der zweite Geschäftsmann als Eigentümer vermerkt worden. Der setzte sie nun innerhalb weniger Wochen mithilfe eines Gerichtsurteils vor die Tür. Der Grund: Es existiert kein rechtskräftiger Mietvertrag, Zipplies zahlte ihre Miete an die falsche Adresse. Schlichtungsversuche der Rechtsanwälte scheiterten.
Ein vom Landgericht in erster Instanz vorgeschlagener Kompromiss sah vor, dass die Miete bis zur Klärung des der Eigentumsstreits auf ein Sperrkonto fließen sollte. Das Oberlandesgericht (OLG) folgte dieser Richtung nicht.
Zipplies musste ihre Sertürner-Apotheke im August innerhalb weniger Tage räumen. „Der Möbellieferant hat die Einrichtung immerhin zurückgenommen“, berichtet die Apothekerin. Das war eine Erleichterung. Das Labor hat die Apothekerin ausgeräumt und in ihrem Keller gelagert. „Hierfür suche ich noch Interessenten.“ Wie hoch der finanzielle Schaden ist, hat Zipplies noch nicht nachgerechnet. „Das werde ich später machen“, sagt sie. Aber der Umzug vor fünf Jahren habe 70.000 Euro gekostet. Und Kredite liefen immer noch.
Nach all dem Ärger will Zipplies jetzt kürzer treten: „Ich werde erst mal eine Kur machen.“ Ihre Gesundheit sei angeschlagen. Eine neue Apotheke eröffnen will sie mit 57 Jahren nicht noch einmal. Sie kann sich aber vorstellen, als Vertretung in anderen Apotheken zu arbeiten. „Mal sehen, was kommt“, so Zipplies, „vielleicht orientiere ich mich auch in eine ganz andere Richtung.“ Ihre sechs Mitarbeiter haben nach Aussage von Zipplies aber alle bereits einen neuen Arbeitsplatz in der Branche gefunden.
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