Eigenes Sterillabor: Omnicare kauft LGHO Patrick Hollstein, 18.11.2021 15:29 Uhr
Omnicare hat den Herstellbetrieb LGHO (Laborgemeinschaft für Hämatologie und Onkologie) aus Leipzig übernommen. Der Spezialgroßhändler, der seit zwei Jahren mehrheitlich dem Finanzinvestor Equistone gehört, steigt damit erstmals selbst in die Herstellung ein.
„Für uns von Omnicare zeigt die Entwicklung in Deutschland, dass die Vor-Ort-Versorgung von Krebspatienten sowohl in den Metropolregionen als auch in ländlichen Gebieten eine strukturelle Herausforderung ist“, sagt Geschäftsführer Oliver Tamimi. „Durch die Akquisition der LGHO möchten wir die lokalen, spezialisierten Apotheken stärken. Die Übernahme ermöglicht es zum einen, ein zukunftsfähiges Backup-System zu installieren. Gleichzeitig werden zum anderen, für den Fall, dass Spezialapotheken die Versorgung der Patienten nicht selbst abdecken können, weitere belastbare Notfallkapazitäten etabliert.“
Für Omnicare als Kooperationspartner der Apotheken sei dieser Schritt eine sinnvolle Ergänzung im Sinne einer sicheren, bundesweiten Versorgung. Neben dem Spezialgroßhandel und der Qualitätssicherung stelle die Produktion nun die dritte Säule des strategischen Ansatzes dar. „Mit der LGHO beliefern wir nun auch jene Apotheken, die die Versorgung von onkologischen Praxen mit parenteralen Infusionstherapien ohne eigenen Reinraum sicherstellen.“
Die Übernahme sei ein logischer und sinnvoller Schritt, um die Arbeit der Apotheken zu unterstützen. „Er stärkt die dezentrale Versorgung von Patienten über das etablierte Versorgungsmodell von freier, selbst herstellender Apotheke und onkologischer Facharztpraxis. Gerade die zahlreichen bundesweiten Partner aus Apotheken und onkologische Praxen bilden das Netz für eine zuverlässige Versorgungsstruktur, das nun sinnvoll erweitert wird“, so Tamimi.
Die LGHO verfügt am Standort in Leipzig über vier Sicherheitswerkbänke, an denen zuletzt knapp 40.000 Infusionen zubereitet wurden. Schwerpunkt sind die neuen Bundesländer, doch wie anderen Herstellbetrieben macht dem Unternehmen die Konsolidierung zu schaffen. Alleine der Branchenprimus Zytoservice aus Hamburg deckt mittlerweile mehr als ein Fünftel des gesamtdeutschen Bedarfs ab.
Der Umsatz konnte zwar in den vergangenen Jahren auf knapp 40 Millionen Euro gesteigert werden, dies hing jedoch vor allem mit dem vermehrten Einsatz von Hochpreisern zusammen und schlug sich nicht auf der Ertragsseite nieder. Hinzu kommt, dass am bestehenden Standort aufgrund räumlicher Besonderheiten maximal 65.000 Rezepturen pro Jahr hergestellt werden können und bei höheren Stückzahlen ein Umzug unausweichlich wäre.
Mit LGHO standen zuletzt Ernst-Otto von Drachenfels sowie Dr. Lutz Hinz. Über den Kaufpreis wurde nichts bekannt gemacht. Zum Vergleich: Undin Gelpke, Inhaberin der Medici-Apotheke in Leipzig, hatte ihre Anteile von rund 20 Prozent dem Vernehmen nach zuletzt für vier Millionen Euro verkauft.
Parallel übernahm Omnicare laut Tamimi auch den Kundenstamm des Großhändlers Orca2, ebenfalls ein Unternehmen des Barons. Drachenfels hatte 2007 den Vorgänger Orca Pharm für rund 30 Millionen Euro an die heutige Teva-Tochter AWD verkauft.
Omnicare war zunächst als Zusammenschluss von rund 50 Apotheken gegründet worden und hatte unter anderem den Spezialgroßhändler Megapharm sowie mehrere MVZ und ein Krankenhaus für Psychosomatik und Psychotherapie übernommen. Mit einem Umsatz von 600 Millionen Euro hat der Großhandel den größten Anteil, 8 Millionen Euro entfallen auf den Servicebereich. Für den Aufbau einer onkologischen Plattform beteiligte sich 2019 der Finanzinvestor Equistone Partners Europe mehrheitlich an dem Unternehmen. Die Apotheken sollten „signifikant beteiligt“ bleiben, hieß es damals.