Interview Uwe Eibich (CompuGroup Medical)

TI: Zu wenig Geld für Apotheker

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Berlin -

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will die knapp 20.000 deutschen Apotheken bis zum März 2020 an die Telematikinfrastruktur der Gematik anschließen. „Der Termin ist zu schaffen“, sagt Uwe Eibich, Vorstand der CompuGroup Medical Deutschland (CGM), im Interview mit APOTHEKE ADHOC. Mit der Hardware-Installation könne sofort gestartet werden. Allerdings hätten sich die Ärzte bei den Verhandlungen mit den Krankenkassen über die Refinanzierung geschickter angestellt als die Apotheker.

ADHOC: Das Bundesgesundheitsministerium schreibt per Gesetz vor, dass alle Apotheken bis Ende März 2020 an die TI der Gematik angeschlossen sein müssen. Ist das zu schaffen?
EIBICH: Wenn wir früh mit der Installation der Hardware starten, ist der Termin zu schaffen. Mit der Installation der notwendigen Hardware können wir sofort loslegen. Die baugleichen Konnektoren laufen bereits in vielen Arztpraxen, die CGM bringt hier viel Erfahrung mit. Auch die Apotheken können schon damit arbeiten.

ADHOC: Welche Anwendungen laufen bereits?
EIBICH: Aktuell kann in Verbindung mit dem Apothekensoftwaresystem eine Prüfung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) der Patienten durchgeführt werden. Dazu steht die TI-Anwendung Versichertenstammdatenmanagement (VSDM) zur Verfügung. Als Apotheke können Sie mit dieser Funktion zusätzliche Informationen erhalten und zum Beispiel den Status zur Befreiung von Arzneimittelzuzahlungen Ihres Kunden ermitteln. In Kürze werden die Anwendungen Notfalldatenmanagement (NFDM) und der elektronische Medikationsplan (eMP) zur Verfügung stehen. Mit diesen Anwendungen können die Notfalldaten inklusive Vorerkrankungen und Allergien gelesen werden, also der medizinische „Steckbrief“ von der eGK des Patienten. Weiterhin wird auf der eGK des Patienten über den eMP eine Liste seiner Medikamente gespeichert, die in der Apotheke eingesehen und bei Bedarf aktualisiert werden können.

ADHOC: Wie geht es dann weiter?
EIBICH: Wir erwarten im zweiten Halbjahr die Zulassung dieser Anwendungen für unseren Konnektor KoCoBox MED+. Im Zuge des Zulassungsverfahrens der Gematik ist ein Feldtest unter Praxisbedingungen durchzuführen, bei dem unter anderem in 15 Apotheken getestet wird. Beteiligt sind daran die Apothekensoftware-Anbieter Lauer-Fischer und Pharmatechnik. Nach erfolgter Zulassung werden die neuen Anwendungen NFDM und eMP per Software-Upgrade bereitgestellt. Ein Austausch bereits installierter Konnektoren ist deshalb nicht erforderlich. Im weiteren zeitlichen Verlauf soll dann auch eine Lösung für das E-Rezept die sichere Umgebung der Telematikinfrastruktur nutzen.

 

ADHOC: CGM hat den Apotheken ein Frühbucher-Angebot für die Erstausstattung mit der erforderlichen TI-Technik unterbreitet. Trotz des Rabatts liegt der Preis aber immer noch knapp über der zwischen DAV und GKV-Spitzenverband vereinbarten Finanzierung. Wie begründen Sie das?
EIBICH: Die Finanzierungsvereinbarung zwischen dem DAV und den Krankenkassen ist die eine Sache. Wir orientieren unseren Preis an der Marktsituation im gesamten Gesundheitssektor. Der Preis für die Hardware ist seit 2017 und mit dem Anschluss der Ärzte an die TI bereits mehrfach gesunken. Wir haben mit unserem Frühbucher-Angebot für Apotheken von 3500 Euro bereits einen Schwellenwert erreicht, der an der Wirtschaftlichkeitsgrenze liegt. Die Marktpreise der TI-Komponenten zum Zeitpunkt des Abschlusses der Finanzierungsvereinbarung bekannt.

ADHOC: Der DAV hat schlecht verhandelt?
EIBICH: Das möchte ich nicht kommentieren. Richtig ist aber, dass die Apotheken von den Krankenkassen bei einem im Vergleich höheren Hardware-Bedarf eine geringere Refinanzierung erhalten als die Ärzte oder Zahnärzte.

ADHOC: Verlieren Apotheker bei frühzeitiger Bestellung ihre Förderung?
EIBICH: Unser aktuell angebotener Konnektor, die KoCoBox MED+, ist zukunftsfähig und wird mit dem vorgenannten eHealth-Upgrade zum sogenannten eHealth-Konnektor. Der GKV-SV hat gegenüber CGM unlängst bestätigt, dass es unerheblich ist, ob der Konnektor per Upgrade zum eHealth-Konnektor wird, oder bereits mit den Funktionen ab Werk ausgeliefert wird. Ab dem Zeitpunkt des Upgrades und der aktiven Nutzung durch die Apotheke, besteht der Förderanspruch für Beschaffung und laufenden Betrieb. Die Finanzierungsvereinbarung sieht dabei vor, dass Apotheken die Förderung zur Anschaffung der TI-Komponenten spätestens zum Ende des Folgequartals, welches auf das Quartal der Installation folgt, auf Antrag erhalten. Eine Apotheke, die sich bereits in 2019 für die Installation der TI-Komponenten entscheidet, wird voraussichtlich im März 2020 die Förderpauschale erhalten.

ADHOC: Wie lange dauert die Installation in der Apotheke?
EIBICH: Das dauert meist nur ein bis zwei Stunden zuzüglich einer Einweisung des Personals. Der Ablauf in der Apotheke wird durch die TI-Installation kaum gestört. In der Regel kann weitergearbeitet werden und es gibt nur kleine Unterbrechungen. Zusätzlich ist ein Upgrade der Apothekensoftware erforderlich. Wir testen das jetzt in 15 Feldtestapotheken im Gebiet der Apothekenkammer und LAV Westfalen-Lippe. In den nächsten Wochen werden dort die TI-Komponenten und aktuelle Softwareversionen installiert.

ADHOC: Was sollte geschehen, damit der TI-Termin Ende März 2020 für die Apotheken eingehalten wird?
EIBICH: Wir appellieren an die Gematik die erforderlichen Zulassungen der TI-Komponenten so zügig wie möglich abzuwickeln. Da gab es in der Vergangenheit bei den Ärzten Verzögerungen, nicht zuletzt durch die Änderung der Spezifikationen für die Geräte. Das sollte sich bei den Apotheken nicht wiederholen. Und auch der DAV kann seinen Teil dazu beitragen. Apotheker wie Ärzte haben das Thema Telematikinfrastruktur noch nicht im Fokus. Es wäre hilfreich, wenn der DAV über die Landesapothekerverbände die Apothekeninhaber und Apothekenleiter auf die TI-Thematik hinweisen und sie ermutigen würde, sich für eine frühe Anbindung an die Telematikinfrastruktur zu entscheiden. Wenn sich die Apotheken jetzt für die TI entscheiden, können sie sich einen frühen Installationstermin sichern. Umso eher können sie Ihren Kunden die Vorteile der neuen Anwendungen anbieten.

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