Drive-In-Apotheke für maximalen Infektionsschutz Alexandra Negt, 24.03.2020 12:09 Uhr
Apothekerin Alina Kuppert hat in Oppenheim drastische Maßnahmen ergriffen: In ihre Sant-Ambrogio-Apotheke kommt zurzeit kein Kunde mehr. Bedient wird ausschließlich von außen – zum Schutz der Mitarbeiter und der Kunden.
In Kupperts Apotheke herrscht aktuell Ruhe. „Meine zwei Mitarbeiter sind über 60 Jahre. Deswegen habe ich mich dafür entschieden, die Kunden lieber gar nicht in die Apotheke reinzulassen.“ Kuppert hat nur ein kleines Team, ein Arbeiten in Schichten stellt für sie somit keine Lösung dar. Um ihre Mitarbeiter vor einer Infektion und somit vor einem Arbeitsausfall zu schützen, hat die Apothekerin sich vor einer Woche dazu entschlossen, ihre Offizin zu schließen und nur noch durchs offene Fenster zu bedienen.
In der Sant-Ambrogio-Apotheke wird bis auf Weiteres nicht mehr am HV-Tisch beraten. Die Kunden können stattdessen an zwei Drive-In-Schaltern bedient werden. „Unseren Schutz finde ich sehr optimal,“ erzählt die Apothekerin und ist überzeugt davon, dass dies für ihre Apotheke die optimale Lösung ist. Bei einem so kleinen Team wäre es fatal, wenn ein Mitarbeiter ausfalle. Dadurch, dass in der Offizin kein Kundenverkehr mehr herrscht, können Arbeiten wie regelmäßiges Desinfizieren von Oberflächen entfallen. Dennoch: Sie und ihre vier Angestellten haben allerhand zu tun, das System der räumlichen Trennung wird gut von den Kunden angenommen. „Alle meine Kunden und auch die Ärzte in unserer Umgebung finden unsere Lösung super!“
Kuppert ist sich bewusst, dass ihre Lösung nicht ohne Weiteres auf alle Apotheken anzuwenden ist, sie habe großes Glück, dass vor ihrer Apotheke ein relativ großer Parkplatz ist. „Zu der Apotheke gehört ein Parkplatz mit insgesamt acht Stellplätzen, unsere Kunden können diese Parkmöglichkeit nutzen, um ihre Besorgungen in der Apotheke zu machen.“ Ein wirklicher Drive-In ist es somit nur bedingt. Kuppert bittet ihre Kunden darum, einfach im Auto zu warten, bis eine der beiden Kassen frei wird, dies sei von den Parkplätzen aus ersichtlich. So würden keine Schlangen entstehen und die Wartezeit könnte im Fahrzeug verbracht werden.
Der Haupteingang ist dauerhaft geöffnet, sodass die Offizin gut belüftet ist. Rein können die Kunden nicht – vor dem Eingang sind Blumenkästen so platziert, dass ein Eintreten nicht möglich ist. Schilder weisen den Kunden auf die Vorgehensweise hin. Links und rechts vom Haupteingang befinden sich normalerweise Fenster der Apotheke, diese wurden nun zu Beratungsplätzen umfunktioniert. Die nun dauerhaft geöffneten Fenster sind aktuell mit Plexiglas bestückt, so können die Kunden weiterhin bedient werden und es besteht gleichzeitig ein Schutz vor Tröpfcheninfektion. Der momentan geforderte Abstand von zwei Metern kann weitestgehend eingehalten werden. Die Plexiglasscheibe im Fenster ist leicht gewölbt, so kann die Ware und das Geld unterhalb der Scheibe übergeben werden.
Vor der neuen Outdoor-Kasse steht eine Bank, auf der Kunden sich kurz setzen können, sofern sie in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. Das System wird seitens der Kunden gut angenommen. Im Fenster liegen die Zeitschriften aus – die Beratung soll trotz räumlicher Trennung so normal wie möglich ablaufen. Kunden können so normal weiter informiert werden, ohne dass es zu einer Tröpfcheninfektion kommt. Kupperts Mitarbeiter arbeiten aktuell ohne Maske oder Handschuhe, eine Desinfektion der Hände findet regelmäßig statt.
Auch andere Apothekeninhaber versuchen, ihr Personal und die Kunden so gut wie möglich zu schützen. So auch Apotheker Jens Wiemann aus Bad Harzburg. Deshalb hat er angebaut: An der Ordens-Apotheke in Bad Harzburg gibt es jetzt ein behelfsmäßiges Schalter-System. Hier können die Kunden ihre Wünsche an das Apothekenpersonal herantragen – dadurch wird der Sicherheitsabstand gewährleistet und auf möglichst viel Kundenkontakt verzichtet. Gemeinsam mit einem Tischler entwickelte Wiemann einen Anbau vor der Apothekentür. In nur wenigen Tagen stand das Konstrukt aus Kanthölzern, OSB-Platten und Plexiglas.