DocMorris installiert Drehkreuze in Arztpraxen Patrick Hollstein, 15.03.2025 08:01 Uhr

DocMorris geht wieder einmal das Geld aus, DocMorris muss wieder einmal frisches Kapital einsammeln. Das letzte Mal, wie CEO Walter Hess vor Analysten versicherte. Versprochen! Denn statt auf den Bonus setzt man auf Bequemlichkeit: Wenn man künftig die Arztpraxis verlässt, hat man sein Rezept schon eingelöst, ohne dass man es mitbekommen hat.
Wartezimmer-TV war gestern, Günther Jauch im TV-Fahrstuhl auch. DocMorris hat die genialste Lösung überhaupt: Wer die Arztpraxis verlässt, muss künftig ein Drehkreuz passieren. Und das geht nur, wenn man seine eGK dranhält. Bei der Gelegenheit wird ungefragt das E-Rezept übermittelt, und schon am nächsten Tag kann man sein Medikament an der Haustür in Empfang nehmen. Wie bequem ist das denn?!
Zugegeben, die Idee ist abgekupfert vom Skilift und hätte den Firmenlenkern aus der Schweiz beim Blick aus dem Bürofenster schon viel früher einfallen können. Aber hey, besser spät als nie!
Wobei man bei DocMorris die Zeit im Grunde nicht mehr in Monaten oder Jahren, sondern in verbrannten Millionen zählen kann. 97 waren es im vergangenen Jahr wieder, also Pi mal Daumen eine halbe Million pro Werktag. Oder anders ausgedrückt: 10 Euro Umsatz kosten 11 Euro Einsatz. Hat fast schon etwas Ästhetisches, so eine wilde Bilanz.
Dumm nur, dass das Geld bald schon wieder alle ist und dass auch noch eine Anleihe zur Rückzahlung ansteht. Also wird die Druckerpresse wieder einmal angeworfen, 200 Millionen Franken an frischem Kapital sollen diesmal her. Zur Einordnung: Drei Kapitalerhöhungen im Gesamtvolumen von 600 Millionen Franken hat DocMorris schon hinter sich, zusätzlich wurde das Geschäft in der Schweiz verkauft. Ob still und heimlich schon die Verlustmilliarde gefeiert wurde?
Aber Spaß beiseite. Obwohl die Geschäftszahlen trübe sind und der Ausblick vage bleibt, ist man bei DocMorris aus irgendwelchen Gründen zuversichtlich, das Ruder jetzt endgültig rumreißen zu können. Schon bald werde man noch nicht einmal mehr mit Boni ködern müssen, sagt Hess. Denn wichtigstes Argument sei die Convenience, was sich etwas vulgär mit Bequemlichkeit übersetzen ließe.
So schielt man nach CardLink längst auf die ePA und vor allem auf Wiederholungsverordnungen, die man voraussichtlich ab Anfang kommenden Jahres nutzen könne. Dann hätte man – wieder frei übersetzt – die Patienten am Haken. Und dann würden Diskussionen über Incentives zunehmend irrelevant.
Auch das Drehkreuz ist also nur eine Brückentechnologie – aber ganz im Sinne der Convenience. Irgendwann, so bleibt zu hoffen, ist das Medikament schon da, bevor man überhaupt beim Arzt oder auch nur erkrankt war. DocMorris, wie ginge es nur ohne Dich?! Ups, schon wieder ein kleines Einfamilienhaus verbrannt. Jetzt aber erst mal Wochenende! Kurze Cashburn-Pause.