Disapo/Douglas: Apotheker:innen warnen vor den Folgen Carolin Ciulli, 21.02.2022 15:02 Uhr
Die Freie Apothekerschaft bewertet den Kauf der niederländischen Versandapotheke Disapo durch die Parfümeriekette Douglas kritisch. „Die Übernahme wird erlaubt werden, ohne die vorgeschriebene Prüfung des Verbraucherschutzes“, sagt die Vorsitzende Daniela Hänel. Die Partnerschaft sei ein Beispiel für eine digitale Entwicklung, die nur ökonomische Ziele im Blick habe und die heilberuflichen Aspekte ausspare.
Hänel warnt angesichts der Übernahme von Disapo durch Douglas vor einer reinen gewinnorientierten Zielsetzung, der ein Ende gesetzt werden müsse. „Auch ein gesamtwirtschaftlicher Schaden wird in Deutschland hervorgerufen, weil Umsätze im Ausland gefördert werden“, sagt sie. Sie kritisiert, dass das E-Rezept beispielsweise über PDE-5-Hemmer, Hormone, Antibiotika oder inhalative Beta-Blocker „unkontrolliert über ein paar Klicks erstellt“ werden. Nach einer gewissen Zeitspanne, die „hauptsächlich durch das Personal der Lieferdienste determiniert wird“, komme die Ware beim Patienten an, ohne dass es einen „ernsthaften“ Kontakt zu medizinischem Personal gegeben habe.
„Patientenwohl wird zur Nebensache“
„Patientensicherheit? Fehlanzeige!“, sagt sie. Stattdessen handele es sich um eine „freie Auswahl aus dem Sammelsurium an hochwirksamen Arzneimitteln“. Hänel: „Und wer gebietet Einhalt? Wer prüft die wahrheitsgemäßen Angaben des Online-Bestellers? Nebensache! Solange der Rubel rollt, ist alles ok.“
Zava sei nicht das einzige Beispiel, bei dem der direkte Kontakt zwischen Ärzt:innen und Patient:innen umgangen werde. DocMorris bewerbe die Kooperation des Partners TeleClinic – „natürlich mit dem Hintergedanken, seine DocMorris-Kunden an Teleclinic zu verweisen und die Verordnungen direkt selbst zu beliefern“. „Das Edikt von Salerno wird ausgehebelt, das Patientenwohl zur Nebensache, Hauptsache die Aktionäre und saudischen Investoren werden befriedigt“, so Hänel.
Auch andere Online-Angebote wie DrAnsay, Apomeds oder GoSpring kritisiert die Pharmazeutin. „Teilweise erfolgt dies auch unter Zuhilfenahme von Ärzten, denen es lukrativ erscheint, vor dem Bildschirm Pseudoverordnungen auszustellen, ohne die Patienten hierfür persönlich zu untersuchen. Diese Fachkräfte fehlen vor Ort für eine flächendeckende Gesundheitsversorgung. Wobei fraglich ist, ob die Ärzte wirklich existieren?“ Wer denn schon bei telefonischer Rücksprache eine Ärzt:in erreicht habe, fragt Hänel. „Ich jedenfalls noch nicht. Auch Rückfragen per Mail an den/die Verordner/in werden nicht beantwortet, was bei diesem digitalen Angebot eine Grundvoraussetzung sein sollte!“
Mit der Einführung des E-Rezeptes in Kombination mit dem Arzneimittelversand und der Telemedizin werde dem Ganzen noch mehr Vorschub geleistet, so Hänel. Die Strukturen, die für eine echte Versorgung notwendig seien, würden zerstört. „Auch die Zunahme der Arzneimittelintoxikationen und Falschbehandlungen steigen dadurch zunehmend, eine Gefahr für Leib und Leben. Dieser Entwicklung dürfen wir nicht einfach zusehen.“
Schulterschluss Ärzte/Apotheker
Deshalb sei es wichtig, dass die Freie Ärzteschaft mit der Freien Apothekerschaft ihre Kräfte bündelten und zusammenarbeiteten. „Ärzte und Apotheker sitzen im selben Boot, denn wie die Zuwächse im Fernabsatz ohne Beratung zeigen, macht diese Art der Digitalisierung auch vor dem Berufsstand der Ärzte nicht Halt.“
Ärzt:innen und Apotheker:innen könnten gemeinsam bei der Politik mehr erreichen, als jede Gruppe nur für sich allein, betont Hänel. Und letztendlich gehe es allen darum, eine berufliche Perspektive für junge Kollegen:innen zu bieten und ein funktionierendes Versorgungssystem in Deutschland zu erhalten.