ApoRetrO – der satirische Wochenrückblick

Diese Unannehmlichkeiten rechtfertigen Boni

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Berlin -

Der Festpreis ist ein Festpreis ist ein Festpreis. Rabatte auf verschreibungspflichtige Arzneimittel sind verboten. Außer als Zeitschrift oder als guter Rat. Und Taschentücher sind auch okay. Eine kleine Entschädigung dürfen auch Kunden bekommen, denen eine Unannehmlichkeit wiederfahren ist. Und das eröffnet ganz neue Möglichkeiten.

Das Arzneimittel ist nicht vorrätig und der Kunde muss noch einmal wiederkommen, um es abzuholen. Das kann aus Sicht der Rechtsprechung ein Grund sein, ihn dafür zu entschädigen, zum Beispiel mit einem Wertgutschein. Ob das auch noch geht, wenn der Kunde die Unannehmlichkeit auf sich nimmt und das Rezept vorher fotografiert und an die Apotheke schickt, damit er später nicht warten muss, wird demnächst vermutlich vor Gericht geklärt. Ein Spandauer Apotheker meint, dass das unangenehm genug ist, die Wettbewerbszentrale hat da so ihre Zweifel.

Was ist, wenn der Kunde vorher anruft, dass er gleich in die Apotheke kommt. Er gibt seine Vorbestellung durch, alles steht bereit, wenn er kommt und er bekommt seinen Bonus. Wenn eines der verordneten Arzneimittel gegen ein Rabattarzneimittel ausgetauscht wurde, gibt es einen Gutschein extra. Ebenfalls belohnt werden darf, wer dem nächsten Kunden die Automatiktür aufhält oder in der Wartschlange vorlässt. Geheimtipp: Wenn sich zwei Kunden gegenseitig vorlassen, erhalten beide den Bonus und keiner muss länger warten.

Ebenfalls honoriert werden kleine Aufmerksamkeiten des Kunden: Vor der Apotheke brav die Schuhe abgeputzt? Ein Gutschein. Im Winter sogar zwei. Den Hund draußen angebunden? Gutschein. Wer keinen Hund hat, kann auch nur an Leine draußen anbinden, das ist rechtlich aber ein Grenzfall. Auf einer anderen Ebene problematisch ist die Belohnung von Kunden, die zwar kein Rx-Arzneimittel mitnehmen, aber einen leeren Rezeptblock mitbringen. Völlig gefahrlos dürfen dagegen Kunden honoriert werden, die die Beschwernis auf sich nehmen, mit einem Heißluftballon anzureisen.

Und dann gibt es noch die Möglichkeit, die Unannehmlichkeiten selbst zu schaffen, für die man die Kunden dann entschädigen kann. Zum Beispiel eine kleine Buchsbaumhecke vor dem Eingang pflanzen, über die man springen muss. Problematisch könnte hier allenfalls das Thema Barrierefreiheit sein. Möglich, wenn auch im Team schwer durchzusetzen, sind auch richtig viele Duftbäume in der Offizin, wahlweise auch 30 Kuckucksuhren. Beides ist so unangenehm, dass Kunden sich über einen Gutschein freuen – wenn sie noch kommen.

Es gibt tatsächlich auch nach dem gefühlt 100. Urteil des BGH wieder neue Streitigkeiten um Boni. Weil es immer noch Unklarheiten, Missverständnisse oder einfach verschiedene Interpretationen gibt. Die Kammer Berlin hetzt Martin Stahn in Spandau die Wettbewerbszentrale auf den Hals und wird womöglich berufsrechtlich auch noch selbst aktiv werden. Und auch das dürfte nicht das letzte Verfahren zu Rx-Boni sein.

Vermutlich nicht vor Gericht gezerrt werden können die Minister Jens Spahn und Peter Altmaier (beide CDU). Trotzdem prüfen die Freien Apotheker eine Klage gegen die Kabinettskollegen. Gegen Spahn, weil er sich aus dem eigentlich im Koalitionsvertrag vorgesehenen Rx-Versandverbot rausgekauft habe. Und gegen Altmaier, weil er sich etwas zu sehr für den in seinem Wahlkreis tätigen Reimporteur Kohlpharma eingesetzt haben soll. Jörg Geller, Geschäftsführer des Unternehmens kann die Aufregung nicht verstehen, er jedenfalls habe nur seinen Job gemacht. Da er hat er recht, ihn will ja auch keiner verklagen.

Spahn versteht manche Debatten der Apotheker nicht, wie er jetzt im Wahlkampf in Sachsen zugegeben hat. Warum er für sein geplantes Boni-Verbot als Alternative zum Rx-Versandverbot angefeindet wird zum Beispiel. Schließlich gebe es heute Boni für alle, später nur noch für Privatversicherte. AOK-Chef Martin Litsch findet gar: Spahn kauft die Apotheker. Ob gegen ihn schon Klagen wegen übler Nachrede anhängig sind, ist nicht bekannt. Immerhin hat er nicht „Scheiß Apothekenmafia“ gesagt.

Das E-Rezept wird der Game-Changer, da sind sich alle einig. Die EU-Versender glauben an das ganz große Geschäft, die Plattformen der Apotheker bauen vor. Bei der Initiative Pro AVO ist man sogar überzeugt, dass die Versender die großen Verlierer sein werden. Naja, abwarten. Noch ist es eh nicht so weit. Ärzte und Datenschützer wehren sich weiter gegen die Einführung des E-Rezepts. Und die Apotheker befürchten schon, dass sie auf den Telematik-Kosten mal wieder selbst sitzen bleiben werden.

Der Gesetzgeber macht unterdessen munter weiter. Jetzt hat das Kabinett die PTA-Reform durchgewinkt. Die wichtigsten Änderungen finden Sie hier. Die Adexa hatte sich mehr versprochen, Spahn habe sein Versprechen nicht gehalten. Aber noch ist die Messe auch noch nicht gelesen.

Kommen wir zum Schluss noch zu den besonderen Herausforderungen im Leben eines Apothekers: der Nachfolgersuche. Die gestaltet sich zwar deutlich leichter, wenn der eigene Nachwuchs Pharmazie studiert hat. Das heißt aber nicht, das es leicht ist. Denn die Übergabe von einer Generation an die andere im laufenden Betrieb ist gar nicht so einfach. Apotheker Dr. Klaus Joachim Fehske erklärt, warum er in seiner Apotheke seit drei Jahren nicht mehr „Chef“ genannt werden möchte.

Wer sich mit dem Chefsein an sich schwer tut oder noch unerfahren ist, kann sich auch im Bereich Führung weiterbilden. Es muss ja nicht ausgerechnet ein Seminar zum richtigen Führen von Frauen-Teams sein – aber dazu habe ich auch schon alles gesagt.

Eine Baustelle vor der Tür zählt zu den größten Ärgernissen im Apothekenalltag. Apotheker Christian Brand hat aus der Not eine Tugend gemacht und in der Baustelle ein Guerilla-Bratwurstfest gefeiert. Aber dann kam das Ordnungsamt und hat aus der Tugend ein Verbot gemacht und die Wurst war gegessen. Heute nochmal grillen? Schönes Wochenende!

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