Der Apothekenmarkt wird in diesem Jahr weiter auseinanderdriften, vermutet Dr. Frank Diener, Generalbevollmächtigter der Steuerberatungsgesellschaft Treuhand Hannover. „Mit Sicherheit wird sich die Marktspreizung fortsetzen: Wir haben Gewinner und Verlierer“, sagte Diener beim BVDAK-Kongress. Die bevorstehende Einführung des E-Rezepts und die Corona-Pandemie sieht er als größte Treiber dieser Veränderung.
Während der Pandemie sei dieser Trend schon zu beobachten: So sind einerseits die durchschnittlichen Rx-Umsätze pro Betrieb gestiegen – teilweise auch als Folge einer Umverteilung wegen des anhaltenden Apothekensterbens. Andererseits hat Dieners Zahlen zufolge ein Viertel der Betriebe mit Umsatzminus erwirtschaftet und ein Drittel der Apotheken nur eine Umsatzrendite von unter 4 Prozent.
Insgesamt seien die Apotheken deutlich erhöhte Betriebsrisiken ausgesetzt. Ganz neu hinzugekommen sei etwa das Quarantänerisiko mit dem Betriebsausfall als einem der größten wirtschaftlichen Schäden. Auf der anderen Seite habe es das Wort Gratismasken vor einem halben Jahr noch gar nicht gegeben – und die damit verbundenen Umsatzsprünge auch nicht. Diener geht davon aus, dass sich das betriebswirtschaftliche Risiko durch die Komponenten E-Rezept und Corona im Jahr 2021 erhöhen wird.
Natürlich spielt auch die Politik eine Rolle. Zu den „systemstabilisierende Bausteinen“, die Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eingeführt habe, zählt Diener die gestiegene Vergütung für Notdienst und BtM-Dokumentation, das Honorar für den Botendienst sowie perspektivisch die Bezahlung pharmazeutischer Dienstleistungen und Point-of-Care-Tests im Auftrag von Gesundheitsämtern. E-Rezeptmakelverbot und Rx-Boni-Verbot bilden zumindest einen ordnungspolitischen Rahmen für die Apotheken.
Dem gegenüber stehen die „systemverändernden Bausteine“ in Spahns Apothekenpaket: Telepharmazeutische Beratung, Abgabeautomaten und nicht zuletzt das E-Rezept. 2021 werde geprägt sein vom Übergang der alten in die neue „Rezeptwelt“. Bislang habe es eher vereinzelt Botendienst gegeben, aber überwiegend Präsenzkunden. Ab Mitte des Jahres werde sich aber die neue Welt durchsetzen – und damit neue Kundentypen: Der „Fern-Rezept-Einlöser“ zum Beispiel und Kunden, die sich manchmal so verhalten. Insgesamt werde es mehr Kunden mit Botendienstwunsch geben und den „Click & Collect-Kunden“.
Auf all diese Veränderungen müsse sich die Apotheke schleunigst einstellen: „Die virtuelle Eingangstür und digitale Sichtbarkeit und Erreichbarkeit werden neue Wettbewerbsparameter zwischen Apotheken“, so Diener. Viele Inhaber:innen hätten ihre Abläufe auf die alte Welt optimiert.
Das ist aus seiner Sicht die zentrale Herausforderung für 2021: Wenn immer mehr Kunden die digitale Eingangstür suchen, müssen die Apotheken umbauen. Das sei keine Dienstleistung, die die Apotheke bei einem Systempartner einfach einkaufen könne. „Man muss die Haltung im Betrieb verändern, das ist richtig harte Arbeit. Da gibt es keine fertigen Schablonen.“
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