7 Dosen möglich

Die Sache mit dem Totvolumen

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Berlin -

Nun ist die Diskussion um das Totvolumen auch im abendlichen Fernsehprogramm angekommen. Bei Report München wird über möglicherweise verschwendeten Impfstoff diskutiert. Anschaulich wird ein Vial Comirnaty nach der Entnahme von sieben Impfdosen in die Kamera gehalten. Die Frau im Beitrag konnte die zusätzliche Dosis problemlos entnehmen. Eine kleine Pfütze mRNA-Impfstoff ist noch enthalten. Doch was bedeutet die Freigabe einer siebten Dosis für die Praxis?

Nordrhein-Westfalen hat sie schon genehmigt, die Entnahme einer siebten Dosis aus einem Vial Comirnaty. Ursprünglich waren lediglich fünf Entnahmen zulassungskonform. In der Praxis zeigte sich, dass eine weitere Entnahme relativ problemlos möglich ist. Daraufhin wurde die Zulassung überarbeitet und angepasst. Doch auch sechs Dosen scheinen den Inhalt nicht vollständig auszuschöpfen. Einige Apotheker beanstanden den Verwurf und fordern, die Entnahme der siebten Dosis bundesweit zu erlauben. In der gestrigen Ausgabe von Report München widmete sich die Fernsehsendung dem Thema Corona-Impfung und stellte die Frage nach einer möglichen Impfstoffverschwendung in den Raum.

Bevor man die Diskussion um eine weitere Dosis pro Vial startet, muss man sich bewusst machen, dass laut Zulassung lediglich sechs Dosen aus der Durchstechflasche entnommen werden dürfen. Jede weitere Entnahme ist an der Zulassung vorbei – wer im Falle einer Beanstandung die Verantwortung trägt, ist fragwürdig. Biontech beruft sich auf die zugelassene maximale Anzahl von sechs Entnahmen. Der Hersteller verweist auf das nicht zu vernachlässigende Totvolumen. In der Praxis würde die Extra-Entnahme zu zusätzlichen Problemen führen.

Das Totvolumen beschreibt den Anteil Lösung, der auch nach vollständiger Entleerung in der Spritze verbleibt. Unterschiedliche Spritzen-Kanülen-kombinationen weisen unterschiedliche Totvolumen auf. Bei Standardspritzen beläuft sich dieses Volumen auf rund 0,05 ml bis 0,07 ml. Mit diesem Spritzentyp ist die siebte Entnahme nicht möglich. In den meisten Impfzentren kommen sogenannte Totvolumen-sparende Spritzen zum Einsatz. Der Kolben der Spritze ist an den Luer-Konus der Kanüle angepasst, sodass nur minimale Volumina von rund 0,01 ml in der vollständig entleerten Spritze verbleiben. Im Beitrag von Report München werden genau solche Spritzen für den Praxistest am Institut für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung in Nürnberg-Heroldsberg verwendet. Die demonstrierende Mitarbeiterin entnimmt problemlos sieben Dosen. Ein Kanülenwechsel erfolgt nicht. Ob mit steckender Kanüle gearbeitet wurde ist für den Zuschauer nicht ersichtlich.

Die Frage nach der moralischen Vertretbarkeit kommt auf. Hausärzte und Apotheker kommen im Beitrag zu Wort. Sie alle bedauern den Verwurf von intaktem Impfstoff und können die Vorgehensweise mit ihrem Berufethos nicht vereinen. Der interviewte Apotheker aus Moers gibt an, dass die siebte Dosis in 50 bis 80 Prozent der Fälle entnommen werden kann. Die Range ist hoch. Er und seine Mitarbeiter arbeiten in einem Reinraum. Die vollständige Aufarbeitung der Vakzine erfolgt unter sterilen Bedingungen. Die Mitarbeiter sind routiniert im Umgang mit kleinen Volumina, Spritzen und Kanülen. Wenn die Chance auf eine siebte Dosis besteht, dann sollte diese auch genutzt werden, argumentiert der Pharmazeut.

Für Impfzentren, die ohne Sterillabor oder Werkbank aufarbeiten stellt jeder zusätzlicher Arbeitsschritt eine potentielle Verunreinigungsgefahr dar. Darüber hinaus arbeiten Apotheker:innen und PTA in den Zentren und mobilen Teams mitunter unter schlechteren Lichtverhältnissen. Die Kleinstvolumina können unter Umständen schlechter visuell überprüft werden. Unvollständig aufgezogene Spritzen sind zu verwerfen. Ein Pooling aus mehreren Vials der gleichen Charge ist nicht erlaubt. Welche Auswirkungen mehrmaliges Aufziehen, Einstellen und Nachbessern auf den mRNA-Impfstoff hat oder haben könnte ist aktuell unklar.

Abhilfe schaffen könnten Totvolumen-freie Spritzen. Hierbei handelt es sich um einteilige Spritzen mit fester Kanüle. Laut Dr. Hans Christian Meyer könnten spezielle Spritzen für die intravitreale Injektion Abhilfe bei der Totvolumen-Problematik schaffen. Meyer, leitender Impfarzt im Rheinisch-Bergischen Kreis bezieht sich auf patentierte Spritzen eines jungen niederländischen Unternehmens. Aktuell führt er mit diesen Spritzen erste Untersuchungen durch. Mit den Totvolumen-freien Spritzen gelingt eine siebenmalige Entnahme von 0,3 ml jedes Mal, berichtet er gegenüber der Bild. Noch unklar ist, ob der geringere Durchmesser der Kanüle Auswirkungen auf den Impfstoff haben könnte. Die von Meyer benannten Spritzen ähneln sogenannten Insulinspritzen. Diese sind ebenfalls nahezu Totraum-frei.

 

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