Apothekeninsolvenz

Die lange Pleite der Brücken-Apotheke Torsten Bless, 26.03.2018 10:08 Uhr

Berlin - 

Auch Pforzheim hat eine Apotheke weniger: Bernd Reiser musste nach langer Krankheit die Segel streichen und mit einem hohen Schuldenberg Insolvenz für seine Brücken-Apotheke anmelden. Das Team kam bei einem Kollegen unter, doch die Lage im Stadtzentrum bleibt angespannt.

Zeitweise besaß Reiser drei Betriebe in der baden-württembergischen Stadt. Die Central-Apotheke hatte er von seinem Vater geerbt; 2008 kamen die Brücken- und die Leopold-Apotheke noch dazu. Bereits zwei Jahre später gab er zwei Betriebe an einen langjährigen Mitarbeiter ab. Schon lange sei Reiser gesundheitlich angeschlagen gewesen, sagt Anwalt Dr. Andreas Wille. „Die andauernde Krankheit führte Anfang Dezember mit zur Zahlungsunfähigkeit und zum Insolvenzantrag.“ Wille wurde vom Amtsgericht Pforzheim zum Insolvenzverwalter bestellt.

„Herr Reiser konnte die Apotheke selbst nicht mehr führen und hatte keinen angestellten Apotheker. So musste er auf mehrere Vertreter zurückgreifen, es entstanden zusätzliche Personalkosten“, so Wille. Reisers Suche nach einem Nachfolger sei erfolglos geblieben. „Keiner seiner Vertreter zeigte Interesse, das waren alles ältere Apotheker, die eher schon am Ende ihres Berufsleben standen.“ Auch Wille gelang es nicht, einen neuen Besitzer zu gewinnen. „Die Umsatzzahlen waren nicht mehr so berauschend, dass sie einen potenziellen Filialleiter angesprochen hätten.“

Apotheker Jens Tonne hatte 13 Jahre als Angestellter in der Central-Apotheke gearbeitet. Nach seiner Darstellung hat er sich 2010 kurzerhand entschlossen, die Leopold- und die Central-Apotheke von Reiser zu übernehmen. Laut Anita Reiser, der Ehefrau des vormaligen Besitzers, war der Verkauf schon länger geplant, zumal Tonne entfernt zur Familie gehört. Auch habe es durchaus andere Interessenten gegeben. Tonne beziffert die Schulden der Apotheke zum Zeitpunkt der Übernahme auf 1,7 Millionen Euro. Die Apotheke war vor der Übergabe noch renoviert worden. Drei Jahre später schloss Tonne die Leopold-Apotheke und legte den Geschäftsbetrieb mit der Central-Apotheke zusammen. „Die Kunden blieben uns erhalten, dafür fielen unter anderem eine Miete und ein Rowa-Automat weg.“

Reiser konnte die Brücken-Apotheke mit Vertretungen nicht weiter führen. Als klar war, dass er den Betrieb nicht wieder selbst übernehmen konnte, blieb nur die Schließung als Lösung. Ein Happy End konnte der Insolvenzverwalter immerhin den drei Mitarbeiterinnen bescheren. Sie kamen bei Christian Kraus in der Apotheke im Arlinger und in der Apotheke im Kaufland unter. „Eigentlich hatte ich gerade keinen Personalbedarf“, sagt Kraus. „Doch die Mitarbeiterinnen sind sehr, sehr gut, ich habe sie sozusagen auf Vorrat eingestellt. Oft ist es ja so, dass man gerade keine findet, wenn man nach ihnen sucht. Und es kann gut sein, dass mal jüngere Kolleginnen wegen Schwangerschaft ausfallen.“

Kurz habe er sich überlegt, ob er die Brücken-Apotheke selbst übernehmen und als Filialbetrieb weiterführen solle, sagt Kraus. „Aber es ist eine alte und kleine Apotheke in einer Randlage der Innenstadt, es wäre schwierig gewesen, sie weiter am Leben zu halten.“ Zudem sei es wegen der hohen Apothekendichte in der Innenstadt immer schwieriger geworden, den Betrieb profitabel zu führen. „Alle paar Meter finden sie eine.“

Dr. Stephanie Weiser kann das nur bestätigen. Zwei ihrer vier gemeinsam mit Dr. Thomas Haug betriebenen Apotheken, die Stadt- und die Reuchlin-Apotheke, liegen nur einen Steinwurf entfernt voneinander. „Früher gab es viele Ärzte in der Fußgängerzone, sie sind mittlerweile abgewandert.“ Das mache sich im Umsatz bemerkbar. „Da muss man sich als Apotheke schon sehr viel Mühe geben.“ Michael Augustin hat dagegen eine ganz andere Erklärung. „Ich sehe das so, dass es Arbeit genug für uns alle in der Stadt gibt“, sagt der Chef der Enztal-Apotheke. „Aber das wird nicht entsprechend vergütet. Das ist ein Grund, warum manche Kollegen ins Schlingern kommen.“