Trotz der herausfordernden Situation in der Apothekenbranche und der zunehmenden Schließungswelle wagte Andreas Erharter, ein Apotheker aus Österreich, den Schritt in die Selbstständigkeit. Am 1. März übernahm er seine erste eigene Apotheke in Berchtesgaden, Bayern, nahe der österreichischen Grenze.
Für den Apothekenstandort hatte sich Erharter vor allem aus praktischen Gründen entschieden. Von seinem Wohnort in Salzburg sind es mit dem Auto nur 30 Minuten. „Ich habe zufällig erfahren, dass die ehemalige Inhaberin ihre Apotheke verkaufen möchte“, erzählt er. Er habe nur die Bahnhofsapotheke übernommen, die zweite Apotheke im ehemaligen Verbund ist derzeit geschlossen. Wie es damit weitergeht, weiß er noch nicht.
Die großen Herausforderungen der Branche sieht auch der junge Inhaber. Der schwierigste Punkt ist die seit Jahren ausstehende Honoraranpassung – und das bei gleichzeitig steigenden Betriebskosten. Auch die überbordende Bürokratie sieht er als erheblichen Belastungsfaktor.
Zudem haben die Apotheken mit der wachsenden Konkurrenz durch den Onlinehandel zu kämpfen. Hier müssten die Apotheken sich auch selbst besser aufstellen. Zum einen sollten auch Apotheken ihren Kund:innen die Möglichkeit des Online-Bestellens und -Versandes bieten, doch das allein werde die Vor-Ort-Apotheke nicht retten. Man müsse sich insbesondere durch die Weiterentwicklung von pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) profilieren, auch ein Impfangebot als zusätzliche Leistung wäre sinnvoll. Aktuell bietet er selbst noch keine pDL an, das soll sich jedoch in Zukunft ändern.
Besonders problematisch findet der Apotheker, dass ausländische Versandhändler vollen Zugriff auf E-Rezepte haben und damit Wertschöpfung aus Deutschland abziehen. „Ich würde als Politiker dafür sorgen, dass Versender keine offensichtlichen Vorteile gegenüber Vor-Ort-Apotheken haben.“
Lieferengpässe gehören für ihn zum Alltag. Besonders im Vergleich zu Österreich fallen Unterschiede auf: „Azithromycin ist in Deutschland oft nicht verfügbar, in Österreich gibt es keine Probleme.“ Trotzdem darf ihn der österreichische Großhandel nicht einfach so beliefern, obwohl Salzburg näher liegt als München – und Importe seien mit viel Aufwand verbunden.
Beim Personal hatte der Apotheker Glück – auch, weil natürlich durch die Schließungen in der Region viele Beschäftigte eine neue Stelle suchten. Erharter hat außerdem einen großen Teil des Teams übernehmen können. Aktuell arbeiten neben ihm eine weitere Apothekerin in Teilzeit, sowie ein Apotheker am Wochenende in seinem Betrieb. Außerdem gehören zwei PTA und drei PKA in Teilzeit sowie ein Bote zum Team.
Langfristig ist klar: „Die Honorare müssen steigen, damit Vor-Ort-Apotheken bestehen bleiben.“ Eine Zukunft für Apotheke sieht Erharter nur, wenn die Kostenstruktur stimmt. „Ich plane eigene Online-Angebote, damit meine Kundinnen und Kunden nicht zu Versandhändlern abwandern.“