HWG-Verstoß übersehen?

Die heikle Frage der Test-Boni

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Berlin -

Kostenlose Bürgertests sollten in der Pandemie dazu beitragen, das Infektionsgeschehen bestmöglich im Blick zu behalten und Infektionsketten zu durchbrechen. Der Staat war mit seinen Ausgaben dafür nicht kleinlich. Doch dürfen die Anbieter den Verbraucher:innen zusätzliche Vergünstigungen gewähren, wenn sie sich möglichst oft testen lassen? Die Behörden haben damit kein Problem, Expert:innen äußern dagegen juristische Bedenken.

In Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern gewähren mehrere Teststellen Boni: Mal gibt es einen Cheeseburger beim Burger King gratis. In einem anderen Fall kann man eine Sammelkarte abstempeln lassen, nach dem zehnten Test gibt es einen 10-Euro-Gutschein von Amazon.

Dem Gesundheitsamt sind diese Aktionen bekannt. Und Probleme hat das Amt damit auch nicht: „Dieser Anreiz ist aus unserer Sicht zulässig. Es ist zumindest kein Verstoß gegen eine gesetzliche Regelung ersichtlich, insbesondere kein Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) oder die Testverordnung. Wir sehen es eher als Motivation zur Testung, was wir begrüßen. Ob sich dadurch mehr Personen in dem Schnelltestzentrum testen lassen, lässt sich nicht erkennen, ist zumindest nicht ersichtlich.“

§ 7 HWG berührt?

Rechtsanwältin Christiane Köber von der Wettbewerbszentrale sieht das anders: „Aus unserer Sicht ist das ein Verstoß gegen das Zuwendungsverbot des § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG). Anders als Impfungen sind Tests vom Anwendungsbereich des HWG umfasst, da es um das Erkennen von Krankheiten geht – die Vorbeugung ist ausdrücklich nicht umfasst.“ Dass es sich um Zuwendungen handele, sei ohnehin klar, so Köber.

Möglicherweise seien die speziellen Vorschriften des HWG bei der Bewertung der Behörde nicht so im Fokus gewesen. Die Wettbewerbszentrale jedenfalls würde gegen solche Angebote vorgehen. Nachdem in Heilbronn ähnliche Fälle bekannt geworden waren – hier gab es Tank- und Dönergutscheine – hatte die Wettbewerbszentrale Unterlassungsforderungen angekündigt. Die betroffenen Teststellen hatten ihre Angebote aber vorher bereits wieder eingestellt.

Rechtsanwalt Fabian Virkus von der Steuerberatungsgesellschaft Treuhand Hannover sieht – anders als das Gesundheitsamt – auch § 3 Abs. 2 UWG berührt. Unzulässig sind demnach geschäftliche Handlungen, „wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen“. Letzteres sei bei den Boni offensichtlich der Fall. Und weil das Angebot zur übermäßigen Inanspruchnahme einer staatlichen Leistung animiere, sei auch die unternehmerische Sorgfalt nicht gegeben. In solchen Konstellationen sei das Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten.

Und was sagt die für die Abrechnung der Schnelltests zuständige Kassenärztliche Vereinigung Mecklenburg-Vorpommern (KVMV)? „Der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) obliegt ausschließlich die Entgegennahme der Abrechnungen der von den Gesundheitsämtern beauftragten Testzentren und die Prüfung der Abrechnung im Hinblick auf die Zahl der Testungen und deren Dokumentation. Die Prüfung der fachlichen Eignung und Durchführung der Testung fällt nicht in die Zuständigkeit der KV“, so eine Sprecherin auf Nachfrage.

KV winkt ab

Die KV verweist ihrerseits auf die Behörden: „Ob die Gewährung von Zugaben die Zuverlässigkeit eines Teststellenbetreibers in Frage stellen kann, muss das Gesundheitsamt beurteilen, welches die Beauftragungen für den Betrieb eines Testzentrums ausspricht. Sofern das Gesundheitsamt die Beauftragung widerruft, würden wir auch keine Abrechnungen mehr entgegennehmen.“

Aber das Gesundheitsamt plant nichts dergleichen. „Diese beiden Anreize der Schnelltestzentren wurden uns bereits übermittelt und sind uns damit bekannt.“ Nach einer allgemeinen Prüfung der Schnelltestzentren im Landkreis seien keine weiteren Anreize oder Boni aufgefallen beziehungsweise den testenden Mitarbeiter:innen angeboten worden, heißt es.

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