Lieferengpass

Die erste letzte Valsartan-Packung Carolin Ciulli, 23.05.2019 09:06 Uhr

Eine Packung Valsartan Basics wirft in einer Apotheke Fragen über die richtige Verteilung auf. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Der Valsartan-Skandal wirkt sich bis heute in den Apotheken aus. Lieferengpässe gehören seit dem Skandal um verunreinigte Wirkstoffe zur Tagesordnung, Nachschub kommt nur nach und nach. Jetzt fragt sich die Inhaberin einer Apotheke, wem sie die eben eingetroffene Packung von Basics abgeben soll. Welcher Kunde bekommt die begehrte Packung? Eine einheitliche Antwort erhält man auch von Kammern und Verbänden nicht.

Der Valsartan-Skandal sorgte in Apotheken für viel Ärger. Zahlreiche verunsicherte Patienten mussten aufgeklärt werden. Nach und nach wollen die Generikahersteller wieder liefern. Die Apotheken warten auf Nachschub. Kommt die Ware dann endlich an, stellt sich die Frage, wer erhält die Abholer?

Für die bayerische Apothekerkammer ist der Fall klar. „Wenn die Apotheke lieferfähig ist, gibt es einen Kontrahierungszwang“, sagt Justiziar Klaus Laskowski. „Das betrifft grundsätzlich das erste vorgelegte Rezept.“ Die Apotheke kann demnach also nicht nach persönlichen oder anderen Gesichtspunkten entscheiden, welcher Patient die Packung am dringendsten benötigt. Das macht es auf der anderen Seite sehr einfach.

Könne der Betrieb mit der gelieferten Ware nicht die komplette Nachfrage bedienen, liege wieder ein Defekt vor. Die Apotheke sei dann nicht mehr lieferfähig. „Daher wird sie den nachfolgenden Patienten die dann mögliche Hilfe zukommen lassen“, so Laskowski. Dazu zähle insbesondere der Austausch mit Arzt und Patient über mögliche Alternativen. „All das, was die Apotheke vor Ort ausmacht und vom kapitalgesteuerten Versender unterscheidet.“

Auch in Hessen sieht man angesichts des Kontrahierungszwangs die Belieferung des ersten abgegebenen Rezepts als vorrangig. „Der Apotheker kann nicht aus einer Laune heraus einen Kunden auswählen“, sagt Rechtsanwältin Berit Gritzka vom Apothekerverband. Konkrete Regeln gebe es dafür aber nicht.

In Niedersachsen verweist die Kammer darauf, dass es letztlich beim Inhaber liegt. „Das ist eine Ermessungsentscheidung des Apothekers“, sagt eine Sprecherin. Es gebe kein verbindliches Vorgehen beziehungsweise Kriterien für den Apotheker, wie er bei Lieferengpässen seine Patienten versorge. Bei Lieferschwierigkeiten könne der Apotheker nur nach Rücksprache mit dem verordnenden Arzt auf ein wirkstoffgleiches Präparat eines anderen Anbieters zurückgreifen, damit die Therapie des Patienten nicht unterbrochen werde.

Welchen Kunden die Apotheke mit Valsartan Basics letztlich ausgewählt hat, will sie nicht konkret beantworten. „Wir haben uns nach pharmazeutischen Gesichtspunkten entschieden“, sagt die Inhaberin. „Wir haben eine wie ich denke faire Lösung gefunden“, sagt sie. Zudem richtet sie angesichts des Falls eine Botschaft an die Politik: „Wenn die Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente fallen würde, würden wir sie dann meistbietend versteigern? Schöne neue Welt! Ihr lieben Politiker, seid vorsichtig, es geht um unsere Gesundheit!“