Apothekenchefs werben auf ihren Internetseiten oft mit persönlicher Beratung. Bei Renatus Ramm aus Kiel ist dieses Versprechen garantiert. Der Inhaber der Xenon-Apotheke führt den Betrieb alleine – seit 42 Jahren.
Ramm wollte nach seinem Pharmaziestudium eigentlich mehr im pharmakologischen Bereich arbeiten. Doch die familiären Verhältnisse zwangen den damals 25-Jährigen zum Handeln. Der Vater sei krank geworden, die Eltern seien überschuldet gewesen und ohne Altersversicherung dagestanden.
„Ich habe damals alles auf eine Karte gesetzt“, erinnert sich der heute 67-Jährige. In den Räumen der Drogerie seines Vaters gründete er 1975 kurzerhand eine Apotheke. Ramm arbeitete von Beginn an als Solokämpfer. „Es hat sich herausgestellt, dass ich das gut kann“, sagt der Apotheker. Die ersten Einnahmen aus der Selbstständigkeit flossen vor allem in die Sanierung des Hauses.
Angestellte vermisst Ramm nach eigenem Bekunden nicht. „Ich war früher als Vertretungsapotheker in Braunschweig und da hat mir der Austausch mit anderen Mitarbeitern schon Freude bereitet“, sagt er. Dass er auf personelle Unterstützung verzichtet, habe auch mit seiner wirtschaftlichen Situation zu tun. „Es ist erfreulich, wenn am Ende des Monats etwas übrig bleibt.“
Auf seiner Internetseite wird im Reiter „Über uns“ auf das Team verwiesen. Dort prangt nur ein Foto von Ramm in der Offizin. „Ich kann mir alleine auch Zeit für Patienten nehmen und persönlich sein“, so Ramm. Der Apotheker kümmert sich um alle Prozesse wie Einkauf, Retax und Beratung.
Seine Frau hilft ab und an mit und checkt beispielsweise die E-Mails. „Das schaffe ich nicht auch noch. Da fehlt mir die Zeit“, sagt er. Die Biologisch-Chemisch-Technische-Assistentin erledige auch Bankgeschäfte und kümmere sich um die Steuer. „Meine Frau ist meine Außendienst-Mitarbeiterin.“ Manchmal bringe sie auch eine Zwischenmahlzeit nach unten in die Offizin. „Wir haben schon Lebensqualität.“
Die Xenon-Apotheke liegt im Stadtteil Neumühlen-Dietrichsdorf in der Nähe der Fachhochschule. „Hier ist nichts los“, sagt Ramm. Die Mehrheit des Umsatzes erwirtschaftet er mit Kassenrezepten von Stammkunden, die auch aus anderen Stadtteilen kämen. Das Randsortiment spiele kaum eine Rolle. „Ich weiß nicht, warum die Leute so fuchsig darauf sind. Die Spannen sind doch so gering“, sagt Ramm, der nur eine kleine Sichtwahl hat.
Lange Warteschlangen sind bei Ramm selten. „Stressig wird es eigentlich nie.“ Außer das Telefon klingele während der Beratung. „Das Gerät ist die Erfindung eines Taubstummen.“ Krank dürfe man in einem Ein-Mann-Betrieb allerdings nur mit Ansage und einem guten Vertretungsapotheker werden, sagt der Apotheker.
Die Ein-Mann-Apotheke lasse sich gut führen. „Wir wohnen ja auch im Haus“, sagt Ramm. Morgens öffnet der Apotheker um 9 Uhr. Frühaufstehende Kunde gebe es ohnehin nicht mehr. Mittags hat er von 13 bis 15 Uhr geschlossen. Feierabend ist außer mittwochs und samstags ab 18 Uhr.
Auf Nachfolgersuche ist Ramm noch nicht. Er will noch ein paar Jahre arbeiten und das Geld unter anderem in die Renovierung des Anwesens stecken. „Ich würde keinem mehr empfehlen, Pharmazie zu studieren“, sagt er. Der Beruf sei zwar schön, doch die Bürokratie verderbe den Spaß. „Apotheker werden von den Kassen behandelt wie der letzte Dreck.“