Bahnhofapotheken

Die Apotheke, die niemals schläft Nadine Tröbitscher, 07.08.2017 09:06 Uhr

Berlin - 

Der Berliner Hauptbahnhof ist nicht nur Dreh- und Angelpunkt für Reisende, sondern auch das Ziel für Kranke, Gesundheitsbewusste und Kosmetikaffine. In der Apotheke, die niemals schließt, trifft sich Berlin mit der Welt. Zwischen Koffern und Aktentaschen wird rund um die Uhr beraten. Für die Mitarbeiter das Normalste der Welt.

„Wir sind eine normale große Apotheke, aber mit besonderen Öffnungszeiten“, beschreibt Apothekenleiterin Antje Berg ihren Arbeitsplatz. Bereits seit 2006 bleiben die Türen der Apotheke stets geöffnet – Gesundheit 24/7. Inhaber Michael Marquardt hat die Öffnungszeiten frei gewählt. „Eine Stadt wie Berlin braucht eine Apotheke, die rund um die Uhr geöffnet hat.“

Die hochfrequentierte Apotheke besticht nicht nur durch ihre Größe, sondern auch durch ihr gut sortiertes Warenlager. Rund um die Uhr werden hier Kunden mit Arzneimitteln und Kosmetikprodukten versorgt und beraten. Gearbeitet wird „im Sinne des Kunden, er steht im Mittelpunkt“, so Berg. „Wir wollen jeden Kunden stets zufriedenstellen.“

Vor allem in der Nacht arbeitet man eng mit den Notdienst-habenden Apotheken zusammen. Berg beschreibt die Hilfe untereinander als „sehr angenehm“. Einige Kollegen hätten sogar die Telefonnummer der Apotheke im Hauptbahnhof gespeichert oder am Telefon kleben, um nachfragen zu können, wenn ein Produkt im eigenen Lager nicht vorrätig ist. Das große Warenlager im Hauptbahnhof ist in Berlin und über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Hoteliers und Taxifahrer wissen, wo sie nach Feierabend noch Arzneimittel und Apothekenexklusives besorgen können.

In der Not kommen die Kunden sogar aus Potsdam, wenn in der Nacht das Medikament dringend gebraucht wird und kein Aufschub angezeigt ist. Zwischen Touristen und Notfällen gibt es auch viele Stammkunden, das Verhältnis halte sich die Waage, sagt Berg. Den Umsteigebahnhof nutzen viele Pendler und Berliner, die auf ihrem Weg vor oder nach der Arbeit in der Apotheke ihre Erledigungen machen. Gefragt ist alles rund um die Uhr – OTC, Rx und apothekenübliche Waren werden über 24 Stunden abgegeben. Einen Schwerpunkt zu einer bestimmten Tageszeit gibt es nicht.

Für die Mitarbeiter sind die Öffnungszeiten normal und irgendwie weiß man ja auch, worauf man sich einlässt. Man ist stolz, die Arzneimittelversorgung rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr sicherzustellen. Bestätigung für die eigene Arbeit gibt es von den Kunden, die die Dienste der Apotheke über 24 Stunden „sehr, sehr gut annehmen“ und dankbar seien.

Dass man hier alles richtig macht, beweisen strahlende Augen der Kunden: Wenn in der Nacht noch eine Milchpumpe ausgeliehen oder am Sonntag noch das dringend benötigte Arzneimittel gekauft werden können. Irgendwie haben die Mitarbeiter im Hauptbahnhof immer Notdienst. Das Schönste für die Mitarbeiter sei, „jemandem wirklich geholfen zu haben“, so Berg.

In der Nacht arbeiten in erster Linie Apotheker, je nach Bedarf kommen noch PTA dazu, abhängig von Feiertagen oder Veranstaltungen. Es gibt zu tun in der Nacht, Langeweile kennen die Angestellten nicht – die acht Stunden sind schnell vergangen. Telefon, Beratung oder Lagerauffüllen gehören zu den Aufgaben des Nachtapothekers – eigentlich ist alles wie am Tag.

Touristen aus aller Welt treffen sich in der Apotheke im Hauptbahnhof, da ist viel Sprachtalent gefragt. Die Mitarbeiter sprechen unter anderem Englisch, Französisch, Russisch, Türkisch und Arabisch. So kann jedem geholfen werden. Und im Notfall geht es auch mit Händen und Füßen. Man kennt sie hier alle – die Liebhaber für Dr. Hauschka und China-Öl aus Asien, die Vitaminkäufer aus Russland, die ältere Dame, die um die Ecke wohnt und auch nur mal einen Schnack halten will, den gestressten Beamten, die Mutter mit dem Kind, die gerade aus der Notaufnahme kommt, oder den Reisenden, der schnell seinen Zug erwischen muss.

Einen kleinen bitteren Beigeschmack gibt es dennoch: „Menschen ohne Rezept können wir nicht mit ihren verschreibungspflichtigen Arzneimitteln helfen und müssen sie in die umliegenden Krankenhäuser oder zu ihrem Hausarzt schicken.“ Berg weiß ihr Team auch in der Nacht in sicheren Händen. Nicht nur eine Polizeiwache ist direkt im Bahnhof, auch die Apotheken-Security schützt die Kollegen und die Ware. So kann die Apothekenleiterin beruhigt schlafen. Diebstahl gehört zum Apothekenalltag dazu, da gilt es vorzusorgen und aufzupassen.