Kommentar

Die Antwort, die Spahn sucht

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Berlin -

Die Bundesregierung behält ihr lebhaftes Interesse an Apotheken: Nach Wirtschaftsministerium schauen sich die Kollegen aus dem Gesundheitsressort jetzt die Preisbindung an. Dass Minister Jens Spahn (CDU) zu diesem Zeitpunkt und für seine Verhältnisse ungewöhnlich diskret dieser Frage nachspürt, macht stutzig. Ein Kommentar von Alexander Müller.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat das Iges-Institut und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) beauftragt, sich mit „möglichen Auswirkungen einer partiellen oder vollständigen Aufgabe der Preisbindung“ sowie Rx-Boni zu befassen. Allerdings sollen die Insitute bestehendes Zahlenmaterial und Statistiken zusammentragen, mit einer aufwendigen Einzelbefragung wie zu 2hm-Zeiten müssen die Apotheker also nicht rechnen. Überhaupt ist wenig gesprochen worden über die Erhebung. Offenbar sind weder die ABDA noch Spahns Unionsfraktion eingebunden oder auch nur mit Details betraut worden.

Nun ist es per se nicht verwerflich, dass sich ein Ministerium belastbares Zahlenmaterial für anstehende politische Entscheidung beschafft. Und bei einer Adresse wie dem Iges-Institut ist auch keine Auftragsarbeit mit bestelltem Ergebnis zu befürchten. Was wiederum nichts an der immer bestehenden Einflussnahme der Fragestellung ändert.

Und hier sitzt auf DIW-Seite mit Professor Dr. Tomaso Duso jemand, der zumindest nicht als Fan der Preisbindung zu gelten hat. Schon 2016 kommentierte er das EuGH-Urteil zu Rx-Boni im Handelsblatt so: „Aber so sinnvoll eine Untergrenze oder eine Deckelung der Preise sein mögen, die starre Festsetzung von Aufschlägen ist es nicht. Innerhalb dieser Bandbreite sollte jede Apotheke ihre Preise frei gestalten können.“ Dass 2hm-Chefautorin Doris an der Heiden jetzt beim Iges arbeitet, dürfte zwar eher eine Randnotiz sein – aber sicher nicht dazu angetan, Apothekerherzen zu wärmen.

Zentral bleibt die Interpretationshoheit des Auftraggebers: Denn die Institute sollen vor allem Zahlen liefern, die Schlussfolgerung will Spahns Haus selbst ziehen. Das allein könnte für weiteren Unfrieden im Kabinett sorgen. Für Honorarfragen der Apotheker ist in der Regierung nämlich nicht das BMG, sondern das BMWi zuständig. Über Spahns gelebte Beinfreiheit gab es schon zum Apothekenstärkungsgesetz einige Verstimmungen im Nachbarressort. Das Haus von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte das wiederholte unabgestimmte Eingreifen des BMG gerügt. Mit einem Gutachten zum Sinn der Preisbindung balanciert Spahn erneut auf dieser Grenze.

Warum sucht der Gesundheitsminister jetzt überhaupt nach einer Antwort auf die Frage nach dem Sinn der Preisbindung? Mit welchem Ansatz geht das BMG das Thema an? Die aus Apothekersicht positive Lesart ist, dass sich Spahn munitionieren will, um sein Rx-Boni-Verbot in Brüssel zu verteidigen. EU-Kommission und auch der EuGH sehen den Zweck der Preisbindung bekanntlich nicht. Selbst die Fachebenen der maßgeblichen Nachbarressorts hatten stets Zweifel an den Argumenten für ein Rx-Versandverbot oder das jetzt geplante Boni-Verbot.

Und zur Erinnerung: Auch das Oberlandesgericht München wartet seit nunmehr zwei Jahren auf eine amtliche Auskunft der Bundesregierung: Berlin soll für ein Verfahren des Bayerischen Apothekerverbands (BAV) gegen DocMorris weitere Daten und Fakten zur Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Arzneimittelpreisverordnung zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln liefern – also die Preisbindung begründen.

Die andere Lesart ist, dass sich Spahn ein statistisches Feigenblatt für eine politisch längst vorgesehene Aufgabe der Preisbindung verschaffen möchte. Unter dem Strich: Das Gutachten muss kein böses Omen für die Apotheker sein, aber es könnte eines werden.

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