Dermo- oder Wohlfühlkosmetik: Hersteller buhlen um jeden Kunden – und das auf allen Kanälen. Dass Beiersdorf Nivea im Massmarkt und Eucerin in der Apotheke vertreibt, ist kein großer Aufreger mehr. Dass jedoch der Dermasence-Hersteller P&M Cosmetics unter dem Namen Medicos Kosmetik die Marke Aesthetico bei Kosmetikerinnen vertreibt, stößt manchem Apothekern sauer auf.
Auf den zweigleisigen Ansatz wurde ein Apotheker aufmerksam, als eine Kundin mit Produktwunsch in die Apotheke kam. Er tippte sich durch die Taxe und stellte fest: Das Produkt wird nicht über die Apotheke vertrieben, sondern über die Kosmetikerin oder den Arzt. Umso unverständlicher für den Apotheker, da der Hersteller seine Marke Dermasence exklusiv in Apotheken vertreibt.
Er kritisiert den doppelten Vertriebsweg: „Einer ärztlichen Empfehlung ist schwer etwas entgegen zu setzen. Im Resultat verlieren wir unsere Kunden, die auch Dermascence gekauft haben, an den Arzt – und dies aufgrund des Vertriebsausschlusses von Apotheken.“ Unter dem Gesichtspunkt stelle er die Zusammenarbeit mit der Firma in Frage. „Der Kunde, der sich in der vor Ort Apotheke gut beraten und aufgehoben fühlt, wandert ab, da er nicht frei wählen kann, wo er seine Produkte kauft“, so der Apotheker.
Der Hersteller erklärt sein Vorgehen so: „Es handelt sich um zwei unterschiedliche Produkte unterschiedlicher Zusammensetzung. Der Apotheker ist uns unendlich wichtig, er ist im Fokus. Wir schützen Apotheken, indem Dermasence in keinem anderen Shop angeboten wird. Zudem laufen große Kampagnen für die Endkunden der Apotheken“, so eine Sprecherin. Die Marke ist dermatologisch orientiert, Aesthetico hingegen kosmetisch, hier steht Anti-Aging im Fokus. „Der medizinische Kern fehlt, es geht mehr um Glamour.“
Aesthetico werde an medizinisch orientierte Kosmetikinstitute vertrieben, so die Unternehmenssprecherin. „Einige Dermatologen führen ästhetische Institute und ergänzen ihr Profil – etwa Unterspritzungen mit Hyaluronsäure und Botox – mit Behandlungsformen wie Peels. In diesem Kontext bestehen Kooperationen mit medizinischen Kosmetikinstituten. „Aesthetico leistet hier einen ergänzenden Beitrag – die Produkte sind an den kosmetischen Aspekten der Hautpflege ausgerichtet“, so der Hersteller.
Daher ist Aesthetico den Kosmetikinstituten vorbehalten. Die Produkte können sowohl vor Ort, als auch online gekauft werden. Wer im Internet bestellt, muss das Institut angeben, das auf die Produkte aufmerksam gemacht hat – außer bei Amazon. Apotheken können online nicht bestellen. Für Medicos ist klar, es geht um ein Wohlfühl- und Pflegeerlebnis – die Produkte sind feiner. Die dermomedizinsiche Kompetenz liegt in den Händen der Apotheker.
Laut P&M arbeite man nicht gegen die Apotheken, denn der gesamte Werbeetat werde in die Ansprache der Dermasence-Kunden investiert, die in der Apotheke kauften. Für Aesthetico gebe es keine Kampagnen.
Dermasence werde exklusiv in Apotheken vertrieben, ganz bewusst verzichte man auf den Direktvertrieb über das Internet. „Der Beratungsraum Apotheke ist für Dermasence genau der richtige Kanal – und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern“, betont Detlef Isermann, geschäftsführender Gesellschafter von P&M Cosmetics. „Wir arbeiten seit über 25 Jahren sehr eng und vertrauensvoll mit den Apotheken zusammen – von dieser Partnerschaft profitiert der Apothekenkunde in Form von wirkungsvollen und hochverträglichen Produkten und durch die kompetente Beratung durch die Apothekenmitarbeiter.“
Ein kleiner Haken bleibt – Kosmetikerinnen, die in Apotheken behandeln, bleibt Aesthetico vorenthalten. In den Kabinen kann nur mit Dermasence behandelt werden. Ein Plus: Ihnen stehen nach intensiven Schulungen Fruchtsäurepräparate zur Behandlung zur Verfügung, die sonst nur der Anwendung durch den Hautarzt vorbehalten sind.
Auch andere Hersteller liefern ihre Produkte an die Kosmetikinstitute der Arztpraxen, Galderma etwa hat für Spirig sogar einen Leitfaden aufgelegt, wie sich das Konzept rechtlich sicher umsetzen lässt. Außerdem verkauft die Nestlé-Tochter unter der Marke Restylane zwei verschiedene Produktlinien direkt an Praxen. Auch Pierre Fabre werden Geschäfte mit Arztpraxen nachgesagt.
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