Apotheker Matthias Bußmann aus Ahlen wollte seiner Stadt und den Menschen spontan eine Freude machen. Das ging nach hinten los. Weil den Ahlener Stadtwerken die Kugeln Bußmanns für den Baum auf dem Weihnachtsmarkt nicht gefielen, mussten alle wieder runter. Das wiederum gefiel vielen Bürgern nicht: Sie hängten die roten Kugeln flugs wieder auf.
Seit drei Tagen kommt Bußmann zu gar nichts mehr. Er steht völlig im Dienste der „Affäre Weihnachtsbaumkugeln“. Dabei wollte er nur Gutes tun. Der Apotheker, der in Ahlen vier Apotheken betreibt, erzählt: „Wir verschenken in diesem Jahr rote Weihnachtskugeln an unsere Kunden. Sie sind schlicht, darauf gedruckt nur unser Logo, das sogenannte Bussi-Männchen. Kein Schriftzug, keine Apothekennamen stehen drauf.“
Deshalb dachte er spontan, dass es eine gute Idee wäre, den weitgehend kahlen Weihnachtsbaum der Stadt zu schmücken. „Ich fuhr vorbei und sah, dass er nur mit Lichterketten geschmückt war. Ich holte bei den Veranstaltern des Weihnachtsmarktes, der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Ahlen, die Genehmigung für das Hängen der Weihnachtskugeln ein.“ Er hatte noch rund tausend in seinem Advent-Vorrat. Am Freitagmorgen ging‘s los.
Kaum geschmückt, erhielt Bußmann einen Anruf der Ahlener Stadtwerke. „Man teilte mir mit, dass die Kugeln nicht erwünscht seien. Ich solle sie unverzüglich entfernen, da sie zu werblich seien. Dabei sieht man von unten betrachtet die Männchen gar nicht. Es ging mir auch nicht darum, Werbung zu machen, sondern dass der Baum ein bisschen schöner wird.“ Die Ahlener Stadtwerke haben, so Bußmann, mit dem zehn Meter hohen Baum nichts zu tun, da sie nicht Veranstalter des Marktes sind.
Allerdings haben sie in den vergangenen Jahren eine nachts beleuchtete Edelstahlpyramide mit Sternen-Deko gesponsert, die einen klassischen Weihnachtsbaum darstellen sollte. In Ahlen hatte das Surrogat schnell seinen Spitznamen weg: „Viele nannten es ‚Das Dixie-Klo vom Pharao‘“, erzählt der Apotheker, „die Pyramide war kalt und überhaupt nicht weihnachtlich.“
In diesem Jahr gibt es eine neue Weihnachtsmarkt-Gestaltung – mit echtem Baum. Wie von den Stadtwerken gewünscht, ließ Bußmann die roten Kugeln wieder entfernen. Es ist ja schließlich Adventszeit, da wünscht der Mensch sich Frieden. Und eines wollte Bußmann gewiss nicht: Ärger wegen Weihnachtsbaumkugeln. Mittlerweile hatte sich nämlich auch der Bürgermeister eingeschaltet: „Auch er wollte, dass die Kugeln entfernt werden.“
Vielen Bürgern gefiel es jedoch gar nicht, dass ihr Baum jetzt wieder beinahe kahl war. Auf Facebook organisierten sich die Mitglieder der Gruppe „Ahlener helfen Ahlenern“. Die hängten die Kugeln – so weit sie mit Leitern kamen – am Wochenende wieder auf. „Am Samstag spielte Schalke gegen Dortmund, ich konnte nicht mal das Spiel richtig schauen, weil ständig mein Telefon klingelte“, sagt Bußmann. Böse sein konnte er den Anrufern nicht, schließlich ging es um die Weihnachtskugeln – und die sollten wieder an ihren Platz. „Ich bin nach dem Fußballspiel hingefahren, da haben rund 25 Menschen den Baum neu geschmückt. Eine Kaffee-Besitzerin schmiss eine Runde und spendete Kaffee und Glühwein.“
Der Geschäftsführer der Stadtwerke Ahlen, Hans Jürgen Tröger, rief heute einen runden Tisch aus, um die Wogen der Weihnachtsbaumkugel-Affäre zu glätten. Offiziell wollte er sich nicht äußern. „Wir sagen im Moment nichts“, verkündete eine Mitarbeiterin, „wir sind mit den Betroffenen im Gespräch, um Missverständnisse aufzuklären.“ Derzeit hängen Bußmanns Kugeln am Weihnachtsbaum. Der Apotheker schlägt eine Friedens-Lösung vor: „Ich begrüße es, wenn auch Andere ihre Kugeln an den Baum hängen. Hauptsache, der Weihnachtsbaum ist schön.“
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