Großhandel

Der „Noweda-Ausnutzer“ meldet sich zu Wort Alexander Müller, 20.06.2018 12:53 Uhr

Berlin - 

Seinen Prozess gegen die Noweda hat Apotheker Arnd Pohle gewonnen. Die Genossenschaft durfte ihr Mitglied nicht ausschließen, nur weil der ehemalige Inhaber der Rohrtal-Apotheke in Essen hauptsächlich beim Konkurrenten Phoenix bestellte. Pohl ist mittlerweile im Ruhestand und hat seinen Frieden mit der Noweda gemacht, als „Ausnutzer“ möchte sich das langjährige Mitglied aber nicht beschimpfen lassen.

Vor Gericht wurde um die Gültigkeit der Blanko-Kündigungen gestritten, die sich Noweda bei Eintritt in die Genossenschaft von allen Apothekern unterschreiben lässt. Auch Pohle wurde sein Austritt und die Auszahlung seiner Geschäftsanteile verkündet, als die wirtschaftliche Zusammenarbeit endete. Dagegen hatte er geklagt und in letzter Instanz vor dem Bundesgerichtshof (BGH) recht bekommen. Aus Sicht der Karlsruher Richter war die Kündigung unwirksam, da die Regeln für den Ausschluss nicht in der Satzung hinterlegt waren.

Genau das hat die Noweda 2016 mit einer Satzungsänderung nachgeholt, so dass das Urteil laut Vorstandschef Dr. Michael Kuck keine inhaltliche Bedeutung für die Genossenschaft hat. Man werde auch künftig nicht dulden, dass beruflich aktive Apotheker eine Dividende beziehen, ohne die Noweda wirtschaftlich zu unterstützen. „Ausnutzer haben in dieser Gemeinschaft keinen Platz“, kommentierte Kuck das Urteil gegenüber APOTHEKE ADHOC.

Das will Pohle nicht auf sich sitzen lassen: „Ich war 30 Jahre lang Kunde bei der Noweda. Habe ich den Großhändler jahrelang ausgenutzt?“ Er hat sogar noch einen Dankesbrief von Wilfried Hollmann, in dem sich der damalige Noweda-Chef für die jahrelange Treue des Mitglieds bedankt.

Was Hollmann damals vielleicht nicht wusste: Noweda war bei Pohle immer nur Zweilieferant – das sieht man bei der Genossenschaft eigentlich nicht so gern. Ironie der Geschichte: Schon zu Beginn von Pohles beruflicher Karriere ging es um die Geschäftsanteile: Pohle sollte zum Start die fünf Pflichtanteile zu je 1000 D-Mark zeichnen. „Die Noweda wollte mich nicht haben, wenn ich nicht 5000 D-Mark auf den Tisch lege“, so Pohle gegenüber APOTHEKE ADHOC.

Doch der Berufseinsteiger war 1974 nicht sofort flüssig, wollte den zweiten Teil der Summe im Folgemonat bezahlen. Das klappte nicht und Pohle entschied sich für Phoenix als Großhandelspartner. Erst fünf Jahre später kam es zum Vertragsschluss mit Noweda, 30.000 Euro Umsatz monatlich hatte er mit dem Großhändler vereinbart. Je nach Angebotslage bei seinen beiden Lieferanten seien es mal mehr, mal weniger gewesen, berichtet Pohle.

Doch dann kam das Jahr 2012 und viele Großhändler kürzten in der Folge des Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetzes (AMNOG) die Konditionen. Phoenix wagte sich damals zuerst aus der Deckung und strich die Rabatte zusammen – mit spürbaren Effekten auf den Marktanteil.

Auch Pohle sollten damals die Konditionen gekürzt werden und auch er sah sich seinerzeit bei der Konkurrenz um. Die Noweda bot ihm die gewohnten Rabatte und zusätzliche Geschäftsanteile an, wenn er künftig für mehr als 100.000 Euro monatlich bestellen und die Genossenschaft zum alleinigen Lieferanten machen würde. Pohle unterschrieb.

Zwei Tage vor dem Monatsersten – dem Stichtag für den Wechsel – knickte Phoenix ein und gewährte Pohle die gewohnte Kondition. Weil der Apotheker mit dem Marktführer aus Mannheim jahrelang gut zusammengearbeitet hatte, sagte er zu und erfüllte seinen Vertrag bei der Noweda nicht. Die Genossenschaft habe ihn daraufhin hinausgeworfen, berichtet Pohle.

Nach dem Erfolg vor dem BGH kehrt der Apotheker jetzt zur Noweda zurück. Der Auszahlung seiner Anteile habe er damals widersprochen, so dass er die 60.000 Euro jetzt auch wieder bei der Genossenschaft „anlegen“ will. Eine Sprecherin des Großhändlers bestätigte gegenüber APOTHEKE ADHOC: „Der betroffene Apotheker ist weiterhin Mitglied der Noweda mit allen Rechten und Pflichten und partizipiert an der Dividende.“

Denn laut Satzung zählt zu den Rechten, „an den satzungsgemäß beschlossenen Ausschüttungen teilzunehmen“. Zwar haben die Mitglieder die Pflicht, „das der Erhaltung seiner wirtschaftlichen Selbstständigkeit dienende genossenschaftliche Unternehmen nach Kräften zu unterstützen“ und die Genossenschaft in dem vereinbarten Umfang zu nutzen, aber für verrentete Apotheker gilt das selbstverständlich nicht.