Apothekeninventuren

Die Pornosammlung im Generalalphabet

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Berlin -

In-ven-tur. Für viele PTA und Apotheker klingt das nach einem Zahn-arzt-termin. Beides ist gleich unerfreulich, muss aber irgendwann erledigt werden. Warum also nicht outsourcen? Bei den Behnings weiß man seit 1942, wie es geht.

Damals führte Kurt Behning sr. im Alter von 23 Jahren in Putbus auf Rügen seine erste Übergabeinventur durch. Mit Papier und Bleistift. Die Auftraggeber waren zufrieden. Das Talent des jungen Mannes sprach sich herum und so gründete er sein Unternehmen.

Sein Traum war es, Arzt zu werden. „Mein Vater war der Sohn eines armen Kürschners, der Beruf war für ihn nicht drin“, erzählt Sohn, der heute die Geschäfte führt. Aber der Vater blieb der Pharmazie treu, arbeitete im Krieg in Pasewalk in einer Lazarettapotheke.

„Mein Vater war Kaufmann durch und durch“, erinnert sich Kurt Behning jr. Genau und zuverlässig. Eben das, was Apotheker brauchen, wenn die Inventur ansteht. „Es ist ein relativ trockenes Thema, mit dem man sich nicht gerne befasst.“ Er und seine 13 Mitarbeiter hingegen tun dies.

Die Teams sind bundesweit im Einsatz, manche Auftraggeber kennen sie seit Jahrzehnten. „Sie kommen in die Apotheke und kennen sich dort bestens aus. Mittels Scannern wird das Warenlager erfasst und anschließend werten wir die Daten aus und erstellen ein Inventurbuch“, beschreibt Behning den Ablauf. Manchmal kommen während einer Inventur auch scheinbar gut gehütete Geheimnisse zu Tage: „In einer Schublade fanden wir einmal eine DVD-Sammlung mit Pornofilmen", erzählt Behning. Wer Inventur macht, muss genau arbeiten und in jede Schublade gucken. In diesem Fall wurde sie diskret wieder geschlossen.

„Wer seine Bestände nicht permanent überwacht, verliert bares Geld“, sagt Behning. „Und auch modernste Technik schützt nicht hundertprozentig vor Fehlern. In schätzungsweise 80 Prozent aller Bestandsfehler fällt die Abweichung vom Ist- zum Soll-Bestand zum Nachteil des Apothekers aus.“ Die Ursachen sind Diebstahl, Bruch, Fehler in der EDV-Anwendung. „Im Zweifel geht das alles zu Steuerlasten des Apothekers.“

Während für Prokrastinierer so eine Inventur schon in der Vorstellung tagelang dauert, sieht die Realität anders aus. Bei laufendem Betrieb erledigen die Experten die Inventur im Normalfall binnen weniger Stunden.„Wir sind geübt, was Genauigkeit und Geschwindigkeit angeht.“

Die Zeiten, in denen die Daten auf Kassetten phonetisch erfasst und anschließend von Heimarbeiterinnen abgehört wurden, sind längst vorbei. 1995 wurde das Scannersystem eingeführt und seitdem geht alles fast wie von Zauberhand. Aber es braucht immer einen Menschen, der ein kontrollierendes Auge auf die Inventur hat. Denn die Bestände müssen zuverlässig korrigiert, verfallene Artikel oder Ladenhüter aussortiert werden.

Für Behning stand schon früh fest, dass er wie sein Vater eines Tages im Inventurgeschäft tätig sein würde: „Im Prinzip war immer klar, dass ich es machen würde und ich bin sehr zufrieden damit“, sagt er. Er mag die Arbeit und die Auftraggeber. „Wir kommen jedes Jahr zur selben Zeit, oft jahrzehntelang. Wir sehen die Kinder groß werden und die wiederum dann in der Apotheke arbeiten“, sagt der 37-Jährige.

Seit acht Jahren ist er Alleininhaber von I. Behning Apotheken-Inventuren mit Sitz in Dannenberg. Mit steigender Personalzahl, derzeit sind 13 Mitarbeiter im Team. Die Geschäfte laufen gut. Das Unternehmen sucht einen neuen Mitarbeiter im Südwesten Deutschlands. „Es sollte jemand sein, der pharmazieaffin ist“, wünscht sich der Geschäftsführer, „gerne eine PTA oder PKA. Ein genauer Blick ist wichtig.“

Auch für neue Geschäftszweige wird kompetentes Personal gesucht. „Wir arbeiten eng mit Apothekenmaklern zusammen“, erzählt der Experte, zu dessen Geschäft folgerichtig auch Übergabe-Inventuren gehören. Oft muss es schnell gehen. Und stets braucht derjenige, der daran mitarbeitet, eine Apotheke aufzulösen, Mitgefühl und Verständnis. „Wir raten den Apothekern, wenn möglich nicht bei der Auflösung dabei zu sein.“ Zu schmerzvoll sind oft die kleinen Erinnerungen an ein langes Arbeitsleben, das nun zu Ende geht. „In dieser Situation sind wir auch immer der Kummerkasten für die Apotheker. Die Apotheke ist ein Spiegel der Seele des Inhabers“, sagt Behning. Da nehme er auch schon mal einen wehmütigen Apotheker tröstend in den Arm.

Auf seiner Website gibt es den kleinen Online-Shop „Gutes Gebrauchtes“, in dem gebrauchtes Apothekeninventar – vom Thermometer-Set bis zum Verkaufsständer – angeboten wird.

Die Liebe zur Branche scheint ihm sein im Jahr 2000 verstorbener Vater mit auf den Weg gegeben zu haben. „Apotheker sind ein Völkchen, mit dem ich gerne umgehe. Sie wissen genau, was sie wollen.“ Zudem sind sie verlässliche Kunden. Und ein dankbares Lächeln auf den Lippen von Chef und Angestellten ist immer schön. Wie beim Zahnarzt. Wenn es vorbei ist.

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