Kommentar

Der Luxus einer Apothekenschließung

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Berlin -

Schweren Herzens geben gefühlt wöchentlich Inhaberinnen und Inhaber ihre Apotheken auf. Sie schließen für immer – besonders betroffen sind kleine oft traditionsreiche Betriebe, die als Filialen geführt und zuletzt noch mitgeschleppt wurden. Doch in Zeiten sinkender Roherträge kann man sich so etwas nicht mehr leisten und Verbünde setzen den Rotstift an. Ein „Luxus“, den Einzelapothekerinnen und -apotheker nicht haben. Ein Kommentar von Carolin Ciulli.

Die kleinen Apotheken stehen auf der Kippe. Auch wenn die Umsätze in den Apotheken im vergangenen Jahr gewachsen sind, befinden sich Betriebe in den roten Zahlen. Gerade Hochpreiser taugen nicht, um steigende Energie-, Personal- und Mietkosten auszugleichen. Erst kürzlich rechnete die Treuhand Hannover vor, dass sich bei 2400 Einzelapotheken das Unternehmersein nicht rechne – und schlimmer noch: 1400 Betriebe arbeiteten defizitär.

Lange wurden diese Apotheken „durchgefüttert“ – sie profitierten vom Geschäft der größeren Hauptapotheke. Doch immer mehr Inhaberinnen und Inhaber mit mehr als zwei Filialen entschieden sich zuletzt, ihren Verbund einzukürzen. Oft kommt der Entschluss mit dem Wegfall der Filialleitung in schwierigen personellen Zeiten oder einer Mieterhöhung daher. Auch wenn die Aufgabe jeder Apotheke ein Verlust für die Arzneimittelvesorgung ist, so kann sie die Inhaberin oder den Inhaber eines Verbunds retten – immerhin gibt es noch wirtschaftliche tragfähige Betriebe.

Anders sieht es bei den Einzelkämpfern in der Branche aus. Denjenigen, die in einer Kleinstadt am Marktplatz alleine die Stellung halten oder in ihrem Stadtteil der einzige Ansprechpartner bei Arzneimittelfragen geworden sind. Sie haben keine profitable Hauptapotheke und dementsprechend genug Personal als Back-up. Sie haben keine Vakanzen, sich um neue Dienstleistungen zu kümmern, und straucheln oft damit, technisch auf dem Laufenden zu bleiben, um nicht allein durch das E-Rezept abgehängt zu werden. Und sie haben wegen 80 Wochenstunden und mehr oft schlicht und wenig keine Zeit, der Politik von ihrer Misere zu berichten.

Auf diese Inhaberinnen und Inhaber muss in der aktuellen Situation geschaut werden – denn auch sie sind es, die die Bevölkerung als Anlaufstelle bei medizinischen Fragen braucht – in Orten, in denen sich keine profitorientierte Drogeriekette dm ansiedeln würde.

Sie dürfen von der Politik nicht vergessen werden, wenn es eine neue Regierung tatsächlich wagen sollte, das Apothekenhonorar anzuheben. Denn sie brauchen dringend mehr Unterstützung, um weiter als eingetragene Kauffrauen und -männer die Stellung für die Bevölkerung halten zu können.

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