Antonius Apotheke

Der Lufthansa-Apotheker: „Das Leben ist eine Lotterie“

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Berlin -

Er beliefert Borussia Dortmund, den Boxstall der Klitschko-Brüder, BMW, die Lufthansa und auch die Flieger der Bundesregierung. Und Kanzlerin Angela Merkel hat ihm ein Buch mit persönlicher Widmung geschickt. Seit 40 Jahren führt Anton Fink die Antonius Apotheke in Deggendorf im Bayerischen Wald. Strategisch geplant war der Aufstieg von der Landapotheke zum „Apotheken-Konzern“ nicht. Sein Erfolgsrezept beschreibt Fink so: „Man muss für die richtigen Aufgaben die richtigen Menschen finden.“

Wenn man sich mit Fink unterhält, dann menschelt es. „Die Chemie muss passen“, ist seine Devise. Für den Apotheker sind persönliche Kontakte wichtiger als kalte Bilanzen. So hat er seine Apotheke Schritt für Schritt entwickelt. „Vieles war Zufall, das Leben ist eine Lotterie“, erzählt Fink. „Aber ohne persönliche Kontakte geht nichts.“ Heute zählt sein „Apotheken-Konzern“ in der bayerischen Gemeinde Deggendorf auf halbem Weg zwischen Regensburg und Passau 70 Mitarbeiter.

Die Antonius Apotheke liefert Impfstoffe an BMW, Lufthansa und andere Firmen. Mehrere Airlines stattet er mit Arzneimittel-Koffern aus. Er versorgt 24 Kliniken, betreut Senioren- und Pflegeheime, ist in der Arbeitsmedizin aktiv und betreibt eine Versandapotheke für Ärzte und andere Fachkreise. Demnächst soll ein Webshop für Homöopathie folgen.

Nur ein Zehntel des Gesamtumsatzes macht die Apotheke noch mit dem klassischen Offizingeschäft. „Wir sind durch Zufall in ein paar Nischen reingerutscht, deren Bedeutung ich mir anfangs nicht mal bewusst war“, so der 65-Jährige. „Inzwischen sind das unsere größten Standbeine.“ Angefangen hat der steile Aufstieg mit der Einführung der Apothekenpflicht für Impfstoffe Ende der 90er-Jahre. Besser noch: Für Vakzine gelten nicht die Vorschriften der Arzneimittelpreisverordnung. Damit lässt sich Geld verdienen.

Ein befreundeter Pharmareferent suchte einen neuen Lieferanten für Firmen in Bayern, einen Vermittler zwischen Impfstoffherstellern und Großkunden. „Mach du das doch“, so fing alles an. Bis dahin hatte Fink nur wenige Impfdosen an Arztpraxen geliefert. Dann kam eines zum anderen. Fink versorgt heute weit über 2000 Kunden in ganz Deutschland mit Impfstoffen und freiverkäuflichen Arzneimitteln. Darunter sind Schwergewichte wie BMW, Audi, Fraport, MAN, BASF, Airbus oder Behörden wie die Landesgesundheitsämter. Fünf „Impfstoff-Versender“ gibt es deutschlandweit – die „Big-Five“, wie es in der Branche heißt. Das lukrative Geschäft mit Arbeits- und Betriebsmedizin ist aufgeteilt.

Ein weiterer Zufall führte Fink später zu einem Treffen von Lufthansa-Ärzte. Die Airline versorgte Fink bereits mit Impfstoffen. Dort wurden aber die Probleme mit der Bestellung und Lieferung von Arzneimitteln für den Flugbetrieb hitzig diskutiert. „Dafür gibt es eine Lösung“, warf er in die Runde.

Tage später meldete sich der die Lufthansa bei ihm – seitdem ist man im Geschäft. Weil die Lufthansa nicht nur das Catering für die Flugzeuge der Bundesregierung lieferte, sondern auch Arzneikoffer, übernahm Fink auch diese Aufgabe. Inzwischen beliefert die Antonius-Apotheke zehn namhafte Fluglinien – bis zuletzt auch Air Berlin. Für sie alle werden Medical-Kits, First-Aid-Kits und sogenannte Doctors-Kits gepackt und regelmäßig gewartet. Allein die Medical-Kits können bis zu 5000 Stück im Monat sein.

Als Sohn eines Deggendorfer Holzhändlers studierte Fink Pharmazie in Regensburg, nachdem ihm die Verwandtschaft vom Jurastudium, das er eigentlich absolvieren wollte, dringend abgeraten hatte. Den Grundstein seiner Apotheke legte Fink 1977 mit drei Mitarbeitern. Er eröffnete im Feinkostgeschäft Ebner, das schließen musste. Die Eltern bürgten für den Mietvertrag. Und noch vor dem Bestehen des dritten Staatsexamens gab Fink bei der Schreinerei Denk die Innenausstattung der Apotheke in Auftrag – für 80.000 D-Mark. Der Reingewinn im ersten Jahr betrug 6500 D-Mark.

Schon bald bemühte er sich darum, die Rehaklinik im nahen Schaufling als Kunden zu gewinnen. „Ich bin mindestens zwanzig Mal hingefahren, bis ich sie überzeugt hatte“, erinnert sich Fink. Das hat er zu seinem Prinzip gemacht: hartnäckig bleiben, Kontakte zu Personen pflegen, Chancen nutzen, wenn sie sich bieten. Das hat er von seinem Vater gelernt: „Klinkenputzen ist für einen Apotheker sonst eher untypisch“, sagt Fink. „Die meisten bleiben in ihrer Offizin.“ Heute versorgt seine Apotheke 24 Krankenhäuser und Kliniken im Landkreis Deggendorf und in den Nachbarlandkreisen. 16 seiner Mitarbeiter beschäftigen sich mit der Krankenhausversorgung – mehr als in jeder anderen Abteilung der Antonius Apotheke.

Aber in den Schoß gefallen ist Fink sein Erfolg nicht. Er hat kämpfen müssen. Rechtlich gerungen hat er mit der Landesapotherkammer Bayern um das Impfstoffgeschäft. Jahrelang dauerte der Rechtsstreit. Das hat ihn Nerven und Gesundheit gekostet – aber sein Geschäft vorangetrieben. Aktuell wäscht der Umsatz der Antonius-Apotheke Jahr für Jahr um 10 Prozent.

Um seine Zukunft ist ihm nicht bange, doch auf das „normale“ Apothekengeschäft sieht Fink Probleme zurollen. Auch seine Antonius Apotheke habe der Versandhandel Kunden gekostet. „Im Vergleich zu damals sind unserer Offizin fast 20 Prozent der Kunden weggebrochen. Die Kunden lassen sich bei uns beraten und kaufen dann im Internet,“ berichtet Fink. Auf telefonische Beratungsanfragen reagiert seine Apotheke inzwischen nicht mehr. Und dann schloss eines Tages die Karstadt-Filiale am Stadtplatz in Deggendorf – sechs Etagen, 7000 Quadratmeter. Mehre tausend Kunden täglich laufen seitdem nicht mehr an seiner Apotheke vorbei.

„Auf dem Land wird es darum bald keine Apotheken mehr geben“, fürchtet Fink um das Überleben der bestehenden Strukturen. Zunächst habe er versucht, mit besonders gutem Service die Kunden stärker an die Antonius Apotheke zu binden, erzählt Fink. „Aber vor allem bei Dauermedikationen, wo immer das gleiche Arzneimittel und darum weniger Beratung gebraucht wird, schlägt der Preis oft alles“, so seine Erfahrung.

Von der Politik wünscht sich der Apotheker mehr Unterstützung und Anerkennung für seinen Berufsstand. Aber darauf warten will Fink nicht. Stattdessen sollen die anderen Standbeine seines Unternehmens weiter gestärkt werden: „Aber die Apotheke bleibt das Herzstück“, das sagt er immer seinen Mitarbeitern. Um noch effizienter arbeiten zu können, will Fink alle Abteilungen in einem Firmengebäude bei Plattling zusammenfassen. Das Grundstück hat er bereits erworben. Denn eines will Fink auch nach 40 Jahren Antonius Apotheke unbedingt vermeiden: Kein Mitarbeiter soll seinen Arbeitsplatz verlieren. „Das würde mir das Herz brechen.“

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