Zusatzempfehlungen

Apotheker coacht Kollegen: „Irgendwann platzt der Knoten“

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Berlin -

Dr. Erol Yilmaz ist Apotheker und immer mehr auch Kaufmann. Beratung ist für ihn das Mittel, um sich von den Mitbewerbern abzuheben und den Kunden zum Fan zu machen. Am 30. April will er die Kollegen in einem Tagesseminar begeistern. Dabei geht es in erster Linie nicht um das Verkaufen, sondern um das Empfehlen. Denn nutzen Apotheker ihre Kompetenz nicht, kommen die Empfehlungen von RTL, Gala oder Bild der Frau.

Yilmaz ist in Berlin Moabit geboren und aufgewachsen. Wegen der Liebe hat es den Apotheker nach Dortmund verschlagen. Seit zehn Jahren ist er Inhaber der Central Apotheke Witten. Die große Leidenschaft des Apothekers ist das Coaching. 2007 wurde Yilmaz das erste Mal selbst gecoacht und hatte ein Schlüsselerlebnis. „Es hat zwar nur fünf bis zehn Minuten gedauert, aber es hat gereicht, mir klar zu machen, dass wir mehr sind als nur Schubladenzieher.“ Fortan gab Yilmaz nicht nur die Arzneimittel ab, sondern hinterfragte die Medikation, erklärte und gab Ergänzungen. „Ich habe angefangen Zusatzempfehlungen auszusprechen und die Zufriedenheit der Kunden abzufragen. Dabei ging es mir nicht um das Verkaufen, sondern um die Beratung.“

Eine wichtige Rolle spielen für den Apotheker Null-Euro-Empfehlungen. Dazu gehören unter anderem Erklärungen zur Anwendung des Arzneimittels, mögliche Wechsel- und Nebenwirkungen sowie den Nutzen des Medikaments dazulegen. Die Ergebnisse der eigenen Analysen gaben dem Apotheker recht. „Die Kunden waren begeistert. Wir müssen die Kunden über die Beratung zum Fan der Apotheke machen, nicht über die Preise oder die Zugaben. Ein Fan ist treu und erzählt es anderen weiter. Die Apotheke ist ein Kompetenzcenter. Wir sind die Experten und genießen viel Vertrauen in der Bevölkerung und das sollten wir nutzen.“

Inzwischen hat der Apotheker Leidenschaft und Hobby zum Beruf gemacht und coacht seit etwa vier Jahren selbst die Kollegen. Dazu verbringt Yilmaz drei Tage in den Apotheken und hat mehr als 40 Fallbeispiele im Gepäck. In den Coachings ist Yilmaz offensiv und provoziert gern. „Viele Mitarbeiter gehen oft den einfachen Weg, den Weg des geringsten Widerstands. So wird die Apotheke nur zur Abgabestelle von Medikamenten. Ich zeige den Mitarbeitern Wege auf, wie sie durch kompetente Therapieempfehlungen den Kunden optimal beraten und versorgen können.“

Denn das Wissen für eine gute Beratung haben die Kollegen, nur kann die Theorie nicht immer in die Praxis umgesetzt werden. Ich schlage hier die Brücke“, sagt Yilmaz, der die Fachsprache über Bilder in die Laiensprache übersetzt. „So kann ich Leute begeistern und andere dazu bewegen, wieder andere zu begeistern.“

Das Motto des Apothekers und des Coachings lautet „nicht verkaufen, sondern empfehlen“. Denn sonst, da ist sich Yilmaz sicher, tun es RTL, Gala, Bild der Frau & Co. „Ich bin gerne Apotheker und immer mehr auch Kaufmann. Nur wir Apothekeninhaber wissen, dass wir nicht nur von der alleinigen Arzneimittelabgabe leben können, sondern, dass auch die Zusatzempfehlung wichtig ist. Durch unsere Empfehlung im Team müssen wir es schaffen, dass der Kunde schneller gesund wird. Denn dann ist die Empfehlung kein Aufschwatzen sondern ehrliche Beratung. So wird der Kunde zum Fan der Apotheke.“

Am 30. April will Yilmaz Kollegen einen ganzen Tag begeistern. In Dortmund startet das erste Tagescoaching unter dem Namen „3, 2, 1 … Dein Tag“. Es geht um drei Indikationen, zwei Referenten an einem Tag – von 9 bis 18 Uhr. „Wir müssen uns von den Mitbewerbern abheben. Empathie und Beratungskompetenz sind entscheidende Faktoren für den Wettbewerbsvorteil der Apotheke vor Ort gegenüber anderen Leistungserbringern.“

Und die Konkurrenz ist groß, weiß Yilmaz, dem auch klar ist, dass er bei den Preisen im Internet nicht mithalten kann. Zielgruppe der von der Apothekerkammer Westfahlen-Lippe anerkannten Fortbildung sind motivierte PTA und Apotheker. Acht Fortbildungspunkte der Kategorie 1a erhalten die Teilnehmer bei einem Preis von 290 Euro plus Mehrwertsteuer. „Die erste Fortbildung findet mit maximal zwölf Teilnehmern statt.“ Die ersten Anmeldungen sind bereits eingegangen.

Der Tag startet mit einem Kommunikationstraining auch mit Blick auf den Umgang mit „schwierigen“ Kunden und reklamierenden Kunden. Im Laufe des Tages geht es weiter mit den drei Indikationen – erhöhter Augeninnendruck, bakterielle Infektion und Magenschleimhautentzündung. Geplant sind nicht nur Vorträge des Apothekers. Die Teilnehmer können in Rollenspielen auch selbst aktiv werden. „Die größte Herausforderung bei Rx-Verordnungen ist die Therapieoptimierung.“ Ziel sind die Arzneimittelsicherheit und die gute Beratung.

„Der Kunde soll einen ‚Wow-Effekt‘ in der Apotheke haben.“ Apotheker müssen zeigen, wie kompetent sie sind. Dabei sollen sie sich nicht über die Ärzte stellen, denn es gehe nicht darum sich zu profilieren. „Irgendwann platzt der Knoten“, weiß Yilmaz. „Spätestens sobald die Erfolgserlebnisse folgen. Auch ich habe in den vergangenen Jahren viel dazugelernt und mich weiterentwickelt.“ Aber der Apotheker weiß auch, dass nicht jeder Mitarbeiter die gleiche Motivation hat. Das Chef-Mitarbeiter-Verhältnis spielt hier eine große Rolle. Der Chef soll Anreize schaffen. „Wenn sich die Mitarbeiter nicht mit dem Job und der Apotheke identifizieren, fällt das Coaching schwer.“

Die Central Apotheke hat viele Stammkunden, dabei ist die Situation nicht einfach. In der näheren Umgebung der Apotheke gibt es nur noch einen Allgemeinarzt, dennoch hat Yilmaz viele Rezeptkunden. „Auch wenn die Apotheke am Stadtrand liegt, nehmen die Kunden die Umwege auf sich und bringen ihr Rezept aus der Stadt zu uns. Die Kunden mögen die warme familiäre Atmosphäre und die Kompetenz des Teams.“

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