Der Fanmeilen-Apotheker Silvia Meixner, 27.06.2018 15:00 Uhr
Anpfiff ist heute um 16 Uhr. Deutschland-Südkorea, erwartet wird neuerlich ein Kicker-Krimi. Keine Offizin in Deutschland ist näher am Geschehen als die Brandenburger Tor Apotheke. 300 Meter entfernt befindet sich das Mekka der Fußballfans – die Fanmeile. Apotheker Roland Schmidt mag die Fans, kümmert sich um ihre Wehwehchen und weiß, warum sein Team und er immer auf dem neuesten Spielstand sein müssen.
„Die Fans, die zu uns kommen, möchten sich natürlich über Fußball unterhalten“, sagt Schmidt. Deshalb ist es wichtig, das Spiel zu gucken. Wäre ja auch seltsam, wenn Deutschland gewinnt, quasi vor der Haustür Zehntausende jubeln und die PTA keinen Schimmer vom Geschehen hätte (daran, dass Deutschland verlieren könnte, wollen wir heute natürlich nicht einmal denken). Die WM verfolgen Schmidts Mitarbeiter en passant. „Das Spiel läuft auf einem Bildschirm, natürlich ohne Ton.“
Apotheker Schmidt weiß, was Fußballfans brauchen, die stundenlang beim Public Viewing ausharren: „Ohrstöpsel, Sonnencreme und Schmerzmittel für den Kater danach.“ Das sind, wenn am Brandenburger Tor und an der Straße des 17. Juni die Fans aus aller Welt mitfiebern, die meist verlangten Artikel.
„In der Regel sind alle Fans fröhlich, es macht Spaß, wenn sie in die Apotheke kommen“, sagt Schmidt. Nur manchmal muss er Fans, die aus Freude oder Frust zu tief in die Bierflasche geschaut haben, der Offizin verweisen. Aber auch das verläuft ohne Probleme. „Wir wissen, wie man sie anspricht. Manchmal kommen Besucher, wenn ihr Alkoholpegel zu hoch ist, einfach nur mal so zum Spaß in die Apotheke.“ Die werden dann freundlich wieder verabschiedet.
Auch Beratung ist in diesen WM-Tagen wichtig. Wer schon betrunken ist, Angst vor dem Kater hat und Schmerzmittel kauft, wird darauf hingewiesen, dass es der Gesundheit nicht dienlich ist, wenn man die Arznei nimmt und weiter trinkt. Wer nur einen kleinen Rausch hat, bekommt statt Arzneimittel schon mal den nett gemeinten und kostenlosen Apothekerrat, dass es ihm am nächsten Tag erfahrungsgemäß wieder besser gehen wird. Und dass man dafür eigentlich keine Medikamente benötigt.
„Wir haben hier Unter den Linden immer einen hohen Anteil an internationalem Publikum“, erzählt Schmidt. Aber in den WM-Tagen sind es noch ein bisschen mehr. „Die Berliner Fanmeile ist auch international bekannt, viele kommen nach Berlin, wenn ihnen Russland zu weit ist“, hat er beobachtet.
Der Apotheker ist kein ausgeprägter Fußballfan: „Ich möchte die Ergebnisse mitbekommen, das reicht mir. Ich bin völlig neutral.“ Seine salomonische Prognose für Deutschland-Südkorea lautet deshalb: „Die bessere Mannschaft soll gewinnen.“
Die Öffnungszeiten der Apotheke am Brandenburger Tor werden in den WM-Wochen nicht geändert. „Wir haben von Montag bis Freitag von 8-20 Uhr, am Samstag von 9-20 Uhr und an Sonn- und Feiertagen von 10-20 Uhr geöffnet. Das ist ausreichend.“ Die Dienstpläne der acht Mitarbeiter wurden der jeweiligen Fußballleidenschaft angepasst, vier Mitarbeiter sind während des Spiels permanent in der Offizin.
Und es wäre keine Apotheke, wenn man hier nicht auch Trost für jene hätte, die unglücklich sind. Wenn die Lieblingsmannschaft verliert, helfen aus medizinischer Sicht weder Currywurst noch Bier. „Ich empfehle Gummibärchen“, sagt Apotheker Schmidt lächelnd. „Sie sind aus Fruchtgummi und haben Vitamine.“ Und süß sind sie auch.