SPD-Bonus kostet jede Apotheke 27.000 Euro APOTHEKE ADHOC, 26.04.2017 15:30 Uhr
Die SPD hat lehnt ein Rx-Versandverbot ab und hat als Reaktion auf das EuGH-Urteil vorgeschlagen, gedeckelte Rx-Boni in Höhe von einem Euro für alle auf Probe zu ermöglichen. Ein solches Modell hätte jeden Apotheker im vergangenen Jahr einen Verlust von 26.775 Euro gekostet, hat der Deutsche Apothekerverband (DAV) ausgerechnet. Dr. Eckart Bauer, ABDA-Abteilungsleiter im Bereich Wirtschaft, Soziales und Verträge, hat beim DAV-Wirtschaftsforum noch beunruhigendere Zahlen vorgestellt.
Das Betriebsergebnis einer durchschnittlichen Apotheke lag 2016 nach ABDA-Zahlen bei 142.622 Euro. Das entspricht einer Steigerung von 4,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (136.345 Euro). Allerdings ist das steuerliche Betriebsergebnis weiter im Sinkflug und betrug im vergangenen Jahr nur noch 6,4 Prozent. Seit 2013 ist dieser Wert jährlich um 0,1 Prozentpunkt gefallen. Der Wareneinsatz lag 2016 bei 75,8 Prozent (2015: 75,5 Prozent).
Und was wäre mit den Apotheken passiert, wenn die beschränkte Gewährung von Boni möglich gewesen wäre? Bei dem von der SPD vorgeschlagenen Modell hätten die Apotheker allein bei den Rx-Packungen aus dem GKV-Markt 26.775 Euro Rohertrag verloren. Der 1€-Rabatt entspricht dabei einem Nettoverlust von 84 Cent. Jede Apotheke gibt im Durchschnitt 37.500 verschreibungspflichtige Arzneimittel im Jahr ab.
Für das Betriebsergebnis der Apotheken hätte das einen Absturz auf 115.847 Euro zur Folge gehabt, also rund 15 Prozent unter Vorjahr und sogar 19 Prozent unter dem tatsächlichen Wert von 2016. Und dabei ist die SPD mit ihrem Vorschlag noch nicht einmal an der oberen Grenze. Auch zulässige Rx-Boni in Höhe von 2,50 Euro waren als Vorschlag in der Diskussion aufgetaucht. Das hätte jede Apotheke dann sogar knapp 67.000 Euro Rohgewinn gekostet, rechnete Bauer beim DAV-Wirtschaftsforum vor. Zur Erinnerung: Laut Professor Dr. Achim Wambach, Chef der Monopolkommission, konnte jede Apotheke sogar 5 Euro verkraften.
Für eine begrenzte Boni-Freigabe gibt es zwar derzeit keine politische Mehrheit, aber auch die Positionierung der ausländischen Versandapotheken wird 2017 Einfluss auf die Entwicklung der Apotheken nehmen. Und über den Apotheken schwebt noch ein anderes Verfahren: Der Bundesgerichtshof (BGH) muss darüber entscheiden, ob Skonti im Einkauf den Rabatten gleich gesetzt werden müssen, mit Blick auf die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV).
Für die Apotheken hätte ein entsprechendes Urteil aus Karlsruhe gravierende Folgen. Laut Bauer bedeutet für eine durchschnittliche Apotheke in Verlust von nur 1 Prozent bei den Konditionen einen Rückgang von 16.500 Euro beim Betriebsergebnis, weil der Wareneinsatz entsprechend steigt. Da 2 bis 3 Prozent Skonto durchaus branchenüblich sind, sind die Folgen absehbar. Bauer bezeichnete die Branchenlage daher als politik- und justizgetrieben.
Beide Sonderfaktoren – Rx-Boni und Skonto – hätten 2017 unmittelbare wirtschaftliche Folgen für die Apotheken, erklärte Bauer. Für die Inhaber bedeute das entsprechend unsichere Planungsbedingungen.
Dass sich die Gewinne der Apotheken im vergangenen Jahr überhaupt noch positiv entwickelt haben, ist Bauer zufolge den Marktaustritten zuzuschreiben. Denn natürlich profitieren die Überlebenden vom Apothekensterben. Im ersten Quartal ist die Zahl der Apotheken erstmals seit 1990 unter die magische Grenze von 20.000 gefallen. Der Trend zweigt weiter abwärts. Bauer erinnerte daran, dass das Fixhonorar der Apotheker seit 2013 nicht angepasst wurde. Für 2017 sei also beim Betriebsergebnis allenfalls eine geringe Steigerung zu erwarten – „wenn es gut läuft“.
Der Netto-Umsatz einer durchschnittlichen Apotheke ist 2016 auf 2,22 Millionen Euro gestiegen. Allerdings zeigt ein Vergleich zur „typischen Apotheke“ aus der häufigsten Umsatzklasse, dass immer weniger Apotheken diesen Durchschnittswert tatsächlich erreichen: 61 Prozent der Apotheken liegen in Wahrheit unter dem rechnerischen Mittelwert.
Der Vergleich mit der Umsatzverteilung von vor drei Jahren zeigt deutlich, dass der Anteil der besonders großen Apotheken überproportional zugenommen hat. Während die „typische Apotheke“ seit 2002 ihren Umsatz um 52,1 Prozent steigern konnte, wuchs die „Durchschnittsapotheke“ um 64,3 Prozent. Mit anderen Worten: Die Schere geht weiter auseinander.