Rabatt und Skonto, Sondergebühren und Ausschlüsse – die Einkaufskonditionen der Apotheken sind meist vielschichtig. Die Großhändler betonen den Wert individueller Vereinbarungen, Kritiker monieren mangelhafte Transparenz. Das womöglich perfideste Instrument der Großhändler ist der Handelsspannenausgleich. Für Apotheker kann der automatische Ausgleich richtig teuer werden.
Beim Handelsspannenausgleich legt der Großhandel eine Marge fest, die er pro Packung verdienen möchte, beispielsweise 6,33 Prozent. Weil seit der Honorarumstellung günstigere Packungen eine höhere Marge für den Großhändler bringen, wird ein möglichst niedriger Durchschnittspreis angestrebt – und vorgegeben. Liegt die Apotheke beim Einkauf im Mittel darüber, werden die gewährten Rabatte entsprechend gekürzt, damit der Großhändler auf seine Marge kommt.
Die Marge von 6,33 Prozent erreichen Großhändler bei einem Packungswert von 20,71 Euro. Weil aber die Arzneimittelpreise kontinuierlich steigen, haben die Großhändler ein Problem – und als Folge des Handelsspannenausgleichs ihre Kunden. Insgesamt liegt der durchschnittliche Rx-Einkaufpreis von Apotheken heute nämlich bei 24,50 Euro. Die Großhändler erreichen bei diesem Wert nur noch eine Marge von 5,82 Prozent.
Eine Seite muss also kürzer treten. Veranschlagt der Großhändler mit dem Handelsspannenausgleich eine Marge von 6,33 Prozent, verliert die Apotheke bares Geld. Schon bei einem monatlichen Rx-Einkauf von 20.000 Euro summiert sich über das Jahr ein Verlust von 1224 Euro. Bei einem Monatsumsatz von 50.000 Euro – gerechnet jeweils ohne Hochpreiser, die ausgeklammert werden – ist es sogar ein Verlust von mehr als 3000 Euro.
Selbst bei einem Durchschnittspreis von 24,03 Euro bleibt dem Großhändler nur noch eine Marge von glatt 6 Prozent. Zieht er den Handelsspannenausgleich, verliert die Apotheke bei einem Monatseinkauf im Wert von beispielsweise 50.000 Euro fast 2000 Euro vom eigenen Gewinn.
Die Apotheke hat naturgemäß überhaupt keinen Einfluss auf die Ärztestruktur oder das Verordnungsverhalten in ihrem Umfeld. Verschreibt ein Spezialist in der Nähe viele relativ teure Arzneimittel, kann auch mal ein durchschnittlicher Packungspreis von durchschnittlich 50 Euro in der Apotheke zustande kommen. Die Marge des Großhändlers liegt in dieser Rechnung bei 4,41 Prozent. Ausgehend von einem Handelsspannenausgleich bei 6,33 Prozent würde eine Apotheke mit 50.000 Euro Monatsbestellung aufs Jahr gerechnet rund 11.500 Euro verlieren.
Zwar gibt es auch in diesem Bereich individuelle Vereinbarungen, damit die Apotheker nicht für die Ärztestruktur bestraft werden. Aber der Spielraum der Großhändler ist bei Hochpreisern begrenzt, da ihre eigene Marge bei 37,80 Euro gedeckelt ist. Arzneimittel oberhalb eines EK von 1200 Euro sind daher bei keinem Großhändler gerne gesehen.
Um die eigene Marge möglichst hoch zu halten, raten Außendienstler den Apotheken deshalb regelmäßig, Hochpreiser möglichst bei einem Zweitlieferanten zu bestellen. Vor allem AEP war aufgrund der Einheitskondition von solchen Umlenkversuchen in der Vergangenheit betroffen. Doch der Großhändler aus Alzenau hat inzwischen gegengesteuert und achtet bei seinen Kunden auf ein normales Bestellverhalten. Eine Verlagerung ist aber auch für die Apotheken selbst nur eine Scheinlösung. Denn die Hochpreiser fehlen beim Erstlieferanten als Umsatz. Je nach vereinbarten Umsatzstaffeln verliert die Apotheke also hier auch noch Rabatt.
Der Handelsspannenausgleich hat für die Großhändler an Bedeutung gewonnen, seitdem der Bundesgerichtshof (BGH) die komplette Großhandelsmarge für Rabatte freigegen hat. Die Branche erwarte eine Renaissance des Direktgeschäfts bei preisgünstigen Schnelldrehern.
So wurde der Noweda-Außendienst bereits auf das Thema eingeschworen. Und die Sanacorp hebt ihre Basisspanne ab Februar ebenfalls auf 6,33 Prozent. Für die Mischkalkulation sei die Spanne „die ökonomisch maßgebliche Steuerungsgröße“, heißt es von der Genossenschaft. Wiederkehrende Werte sind 6,34 Prozent bei der Gehe und Alliance Healthcare Deutschland (AHD), 6,33 Prozent bei Phoenix, und 6,29 Prozent bei Noweda.
In den Standardkonditionen ist der Handelsspannenausgleich meist vorgesehen und muss dann in den Gesprächen wegverhandelt werden. Zuweilen wird ein etwaiger Malus erst abgezogen, der Betrag im Folgemonat aber wieder erstattet. AHD und Noweda können das sogar innerhalb einer Rechnung. Prinzip „rechte Tasche, linke Tasche“. Eine Ausschüttung von Boni für Apotheken mit unterdurchschnittlichem Packungspreis gibt es dagegen nicht.
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