Immer mehr Apotheken befinden sich in finanzieller Schieflage – im abgelaufenen Jahr stellten Insolvenzberaterinnen und -berater deutlich gestiegene Fallzahlen fest. In finanzielle Schieflage geraten die Betriebe unter anderem, weil durch die fehlende Honoraranpassung die gestiegenen Ausgaben immer schwerer zu stemmen sind. Viele Inhaberinnen und Inhaber kämpfen sich in Eigenverwaltung aus der Misere, andere versuchen zu verkaufen.
Den finanziellen Druck spüren die meisten Apotheken. Wenn dann noch die Löhne und Rechnungen immer schwerer bezahlt werden können, sollte rasch professionelle Hilfe gesucht werden. Das raten Insolvenzberaterinnen und -berater wie Markus Küthe. Der Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht betont, dass es für zahlungsunfähige Inhaberinnen und Inhaber weitergehen kann. „Es geht nicht ums Scheitern, wir gehen nicht zu einer Beerdigung, sondern man gestaltet die Zukunft.“
Eine Apotheken-Pleite sei keine Schande. „Das Eis, auf dem sich die Apotheken befinden, wird immer brüchiger. Man muss erst einmal schaffen zu verstehen, dass es mit dem Betrieb weitergehen kann“, sagt er. Dass sich dieser Mut der betroffenen Apothekerinnen oder Apotheker auszahlt, zeigen mehrere Beispiele. Ein Apotheker etwa, der seit 2016 selbstständig ist, stellte im September Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung. Sein Ziel war es, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit seiner Apotheke über eine Sanierung weiter voranzutreiben und seinen Betrieb zu halten.
Der Grund für die Insolvenz habe an der „starren Finanzierung“ der Bank gelegen, sagt Küthe, der den Apotheker als Eigenverwalter berät. „Mit entsprechendem Entgegenkommen hätte man das Verfahren verhindern können.“ Als die finanzielle Schieflage immer deutlicher geworden sei, wurde die Bank gebeten, die Laufzeit der Rückzahlung zu verlängern. Doch diese habe aus nicht nachvollziehbaren Gründen nicht mitgespielt. Die Insolvenz sei unausweichlich gewesen. Die Center-Apotheke wurde in Eigenverwaltung weiter betrieben. Heute ist der Inhaber froh darüber, den Schritt der Insolvenz gegangen zu sein. Denn dadurch konnte die zu schwere Kreditlast, die auf der Center-Apotheke lag, aufgelöst werden.
Für Aufsehen sorgte die Insolvenz eines Elac-Apothekers. Auch große umsatzstarke Betriebe sind von Zahlungsunfähigkeit betroffen. Karsten Hufnagel etwa meldete im vergangenen Jahr Insolvenz an. Der Inhaber von drei Guten-Tag-Apotheken ist auf einem guten Weg: Er saniert seine Hauptapotheke in Eigenverwaltung und will zwei Apotheken verkaufen. Das Minus des Inhabers aus Soest wird auf zwei bis drei Millionen Euro geschätzt.
Der Apotheker sei aus verschiedenen Gründen in die Pleite gerutscht. „Er leidet wie viele an der wirtschaftlichen Entwicklung der vergangenen Jahre“, sagt sein Insolvenzberater Dr. Moritz Wollring. Retaxationen hätten massiv zugenommen. Auch der Vorfinanzierungsbedarf bei Hochpreisern sei ein Problem. Dazu komme der Personalmangel.
Eine Pleite kann auch in unternehmerischen Fehlentscheidungen begründet sein. So geschehen in Schweinfurt bei Apotheker Dieter Hümmer. Er ist ebenfalls zahlungsunfähig und versucht, seine beiden Betriebe in Eigenverwaltung zu retten, bis er einen Käufer für die Herz und Westend Apotheke gefunden hat.
Der Inhaber ist in der Branche bekannt, er war DocMorris-Apotheker, führte den Versender Mediherz und wollte den Gesundheitsmarkt vor Ort revolutionieren. Seinem Insolvenzberater zufolge ist man auf einem guten Weg, derzeit würden Gespräche mit Investoren geführt.
In Berlin sorgte die Insolvenz von Michael Steffen von der Berolina und der Gorki Apotheke für Entsetzen bei manch alteingesessenen Kollegen. Die Betriebe haben Tradition und in der Hauptstadt eine gewisse Bekanntheit. Sie zählen zu den großen umsatzstarken Apotheken der Hauptstadt. Ein Grund für die Insolvenz sollen Branchenkennern zufolge vor allem die hohen Kaufpreise für die Apotheken gewesen sein. Mittlerweile sind die Apotheken verkauft und werden weiterbetrieben.
Auch in der Schwaben-Apotheke im baden-württembergischen Heubach wird nach der Insolvenz nach vorne geschaut. Nachdem Herbert Aich Insolvenz angemeldet hatte, war die Belieferung durch den Großhandel gesichert und die nächsten Gehälter wurden überwiesen. Der Betrieb wird trotz Zahlungsunfähigkeit fortgeführt.