Skonto-Urteil

Das Direktgeschäft wird auferstehen

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Berlin -

Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) im Skonto-Prozess hat zunächst einmal gar keine Auswirkung: AEP hat gewonnen und darf seine Einheitskondition weiterhin anbieten. Dennoch könnte der Richterspruch aus Karlsruhe den Großhandelsmarkt recht kurzfristig sehr hart treffen. Weil der BGH die Fixpauschale von 70 Cent zum Abschuss freigegeben hat, dürfte der Markt sehr schnell die Wiederauferstehung des Direktgeschäfts erleben.

Die Großhändler hatten lange und verbissen für eine Umstellung ihres Honorars gekämpft. Mit dem AMNOG wurde Anfang 2012 auf das heutige Kombimodell umgestellt: Seitdem erhalten die Großhändler als Honorar 3,15 Prozent auf den Herstellerabgabepreis (maximal 37,80) zuzüglich 70 Cent Packungspauschale. Die Großhändler hätten sich freilich jeweils höhere Werte versprochen.

Doch auch so drohte ihnen das neue Honorarsystem auf die Füße zu fallen. Denn die Hersteller forcierten das Rx-Direktgeschäft und köderten die Apotheken mit Top-Konditionen bei besonders günstigen Schnelldrehern. Diese sind seit der Reform wirtschaftlich nämlich besonders attraktiv. Um gleiche Bedingungen zu schaffen, stellte die Regierung klar, dass die Hersteller die 70 Cent aus der Großhandelsmarge nicht an die Apotheken weitergeben dürfen.

Doch das fällt mit dem BGH-Urteil weg, die Großhandelsmarge wurde dem Wettbewerb komplett zur Disposition gestellt. Es dürfte eine Frage der Zeit sein, bis große Hersteller wie Ratiopharm oder Stada/Aliud mit entsprechenden Angeboten verstärkt in der Offizin vorstellig werden. Denn diese und andere Unternehmen verfügen über eigene Hochregallager und können den Direktvertrieb logistisch stemmen.

Die Hersteller rücken damit nicht nur näher an die Apotheken, sie sparen sich mit der Vertriebsstufe Großhandel auch dessen Marge. Denn heute stellen die Großhändler ihrerseits nicht nur Skonto in Rechnung, sondern kassieren bei der Industrie auch Logistik- oder Distributionspauschalen. Was die Hersteller hier sparen, könnten sie an die Apotheken weitergeben und die Ware zum HAP verkaufen.

Dass die Branche in dieser Hinsicht kreativ ist, hat Ratiopharm schon Anfang 2012 unter Beweis gestellt. Damals gab es spezielle Angebote für Apotheken mit Großhandelslizenz. „Kleinhändler“ konnten demnach ab einem Jahresumsatz von 200.000 Euro zum ApU einkaufen. Offenbar sollten dabei gezielt Einkaufsverbünde angesprochen werden.

Für die Großhändler wäre eine Stärkung des Direktgeschäfts im Niedrigpreissegment eine katastrophale Entwicklung, weil die lukrativen Packungen in der Mischkalkulation fehlen würden. An sehr teuren Präparaten verdienen die Grossisten schon heute fast nichts mehr.

Die Großhändler sind daher ihrerseits einfallsreich in der Gestaltung ihrer Konditionen. Eine der schönsten Erfindungen ist der Handelsspannenausgleich – eine Art Gewinngarantie für die Lieferanten. Ist der durchschnittliche Packungspreis einer Apotheke zu hoch und damit für den Großhändler unattraktiv, wird dies mit dem Rabatt verrechnet. Hinzu kommen sonstige Gebühren, Logistikpauschalen oder Kraftsttoffzulagen.

Doch solche Ausgleichsübungen könnten allerdings künftig auch schwieriger werden, denn das BGH-Urteil hält für die Großhändler noch eine weitere Kröte bereit: Die in der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) vorgesehenen Großhandelszuschläge legten eine Preisobergrenze, aber keine preisliche Untergrenze fest, so die Karlsruher Richter.

Nach dieser expliziten Nennung einer Preisobergrenze könnte ein Handelsspannenausgleich durchaus als Umgehungstatbestand gewertet werden. Womöglich müssen sich die Großhändler nach dem BGH-Urteil auch noch in Debatten begeben, welche ihrer Leistungen von der gesetzlichen Marge abgedeckt sind und ab wann zusätzliche Vereinbarungen zulässig sind.

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