T-Rezepte

DAK-Retax „rechtsmissbräuchlich“

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Berlin -

Der Patient ist versorgt, doch die Apotheke bekommt wegen eines Formfehlers auf dem Rezept kein Geld. Das erscheint nicht nur vielen Apothekern ungerecht, sondern auch dem Sozialgericht Braunschweig. Die DAK Gesundheit retaxierte ein T-Rezept im Wert von knapp 7000 Euro auf Null. Die Dokumentation war aus Kassensicht unvollständig. Das Gericht sah das anders und verurteilte die Kasse zur vollständigen Zahlung des Betrages. Das Vorgehen der DAK nannte das Gericht „rechtsmissbräuchlich“. Die Kasse geht in Berufung.

Streitfall war ein T-Rezept über Revlimid (Lenalidomid). Der Facharzt hatte vergessen, die drei Kreuze über die Sicherheitsbelehrungen des Patienten zu setzen. In der Apotheke war dies nicht aufgefallen. Dem Patienten war das Präparat schon lange bekannt. Aus formalen Gründen wurde die Verordnung von der DAK beanstandet und auf Null retaxiert.

Der Apotheker legte Einspruch ein und holte sich vom Arzt und Versicherten die nachträgliche Bestätigung, dass eine Aufklärung stattgefunden habe und der Patient über alle Risiken informiert gewesen war. Um einen Prozess vor Gericht zu vermeiden, hatte der Pharmazeut der Kasse einen Honorarverzicht angeboten. Die Zahlung des Einkaufspreises sei jedoch zu leisten.

Der Landesapothekerverband Niedersachsen schloss sich der Argumentation an. Die DAK ließ sich darauf nicht ein und bestand auf der Retaxation. Es habe für den Versicherten ein Gesundheitsrisiko bestanden. Eine nachträgliche Bestätigung reiche nicht aus um zu belegen, dass die notwendige Aufklärung bereits vor und nicht erst nach der Abgabe des Medikamentes stattgefunden habe.

Anders als für die DAK war für das Gericht erkennbar, dass der Versicherte keinem Risiko ausgesetzt war. Der Patient hatte das Arzneimittel noch während der ärztlichen Behandlung erhalten und war auch schon in der Zeit davor mit Revlimid versorgt worden. Mit der Bescheinigung bekräftigte der Arzt die ordnungsgemäße Aufklärung und gab an, die Kreuze vergessen zu haben.

Die DAK gab gegenüber der Apotheke an, keine nachträglichen Bestätigungen anzuerkennen. Im Rahmen einer Massenverwaltung sei eine einzelfallbezogene Prüfung nicht möglich. Die Sozialrichter verwiesen jedoch auf das Einspruchsverfahren, das den Apotheken im entsprechenden Liefervertrag eingeräumt wird. Auch sei grundsätzlich eine Fehlerkorrektur vorgesehen.

Die Richter sahen in der Nullretaxation eine Bereicherung durch die Kasse. Im konkreten Fall sei klar durch Arzt, Apotheker und Patient belegt worden, dass eine Aufklärung vor der Anwendung von Revlimid erfolgt sei. Der Kasse selbst sei keinerlei Schaden entstanden.

Es sei „evident inkonsequent“, wenn die Kasse die inhaltlich ordnungsgemäße Abgabe gegenüber der Apotheke als „rechtgrundlos“ qualifiziere, gegenüber dem Patienten aber zu ihrem wirtschaftlichen Vorteil von einer ordnungsgemäßen Erfüllung des Versorgungsanspruchs ausgehe. Dieses widersprüchliche Verhalten sei „rechtmissbräuchlich“, so das Gericht. Der Leistungserbringer habe seine Pflicht erfüllt und müsse eine Vergütung dafür bekommen.

Der Wille des Arztes, so das Gericht, sei durch die Unterschrift auf dem Rezept klar erkennbar. Für die Richter war ohne Zweifel, dass eine Versorgung mit Revlimid ausdrücklich erwünscht gewesen sei. Die Wichtigkeit der Arztunterschrift hob das Gericht hervor. Die Kasse müsse nachträglich Bestätigungen anerkennen, so die Sozialrichter. Die DAK akzeptiert das nicht und hat Berufung gegen das Urteil eingelegt.

In vergleichbaren Fällen hatten sich meist die Krankenkassen vor Gericht durchgesetzt. In einem anderen Verfahren hatte die DAK einen Sieg errungen, weil auf dem T-Rezept nicht angegeben war, ob es sich um eine Anwendung als Off-Label handelte. Der Apotheker blieb auf den Kosten von 14.000 Euro sitzen. Einem DAK-Sprecher zufolge liegen Kasse mehrere Urteile zu ihren Gunsten vor. So gab das Sozialgericht Trier der DAK recht: „Entspricht die Abgabe eines Arzneimittels nicht den vertraglichen oder rechtlichen Vorgaben, hat der Apotheker keinen Zahlungsanspruch“, so das Gericht.

Doch es geht auch anders: Die AOK Bayern hat einen Richterspruch des Sozialgerichts München akzeptiert und zahlte einem Apotheker die strittige Summe zurück. „Die einschlägigen Abgabebestimmungen sind vorliegend eingehalten worden, so dass der Rückforderungsanspruch nicht bestand“, hieß es damals in der Urteilsbegründung. Für die Apotheken kann sich eine Klage daher durchaus lohnen.

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