Rezepturen

DAK retaxiert 1 Cent

, Uhr
Berlin -

Als er das Schreiben der DAK Gesundheit liest, traut Apotheker Dr. Abdulnasser Almasalmeh seinen Augen kaum: Die Kasse retaxiert eine hergestellte Rezeptur – um genau einen Cent. Diesen Minibetrag hat die Kasse dem Filialleiter der Obentraut-Apotheke im niedersächsischen Seelze nun auch in Rechnung gestellt.

In der Apotheke war vor einiger Zeit 2-prozentige Salicylvaseline hergestellt und auf 18,32 Euro taxiert worden. Die Prüfstelle der DAK in Bremen kam auf nur 18,31 Euro für die Rezeptur. Doch obwohl es sich offensichtlich um einen Rundungsfehler handelte, schlug die Kasse zu. Ihr Vorteil: Parallel wurde eine zweite Retaxation zugestellt, sodass der Kleinstbetrag kein Porto kostete.

Im anderen Fall lohnte sich die Rezeptprüfung: Wegen Verstoßes gegen die Substitutionsausschlussliste kürzte die DAK die Rechnung auf Null. Die Apotheke hatte einem Kunden Prograf (Tacrolimus) mitgegeben, weil dieser zuvor in der Klinik damit behandelt worden war. Das Team von Almasalmeh hatte vergessen, das Rezept entsprechend vom Arzt abändern zu lassen. Der Apotheker hofft, dass ihm die Kasse die rund 1000 Euro aus Kulanz doch noch erstattet.

Almasalmeh ist von der DAK mittlerweile genervt: „Die retaxieren fast alles“, sagt er. Den Centbetrag will er sich nicht zurückholen, da alleine das Porto den retaxierten Betrag übersteigen würde. Ansonsten legt er grundsätzlich Einspruch ein – aus Prinzip, wie er sagt.

Die DAK steht wegen ihres Abrechnungsverhaltens häufig in der Kritik. Im Dezember 2013 retaxierte die Kasse einer Apothekerin aus Süddeutschland zwei T-Rezepte wegen fehlender Kreuze auf Null. Diese blieb auf dem Schaden von rund 12.000 Euro sitzen. Anders als die „BIG Direkt Gesund“, die wegen ähnlicher Vorfälle in die Schlagzeilen geraten war, zog die DAK ihre Forderung gegenüber der Apotheke trotz öffentlichen Protestes nicht zurück.

Auch wenn ein Rabattvertrag aus pharmazeutischen Gründen nicht eingehalten wird und auf dem Rezept die stichwortartige Begründung fehlt, kennt die Kasse kein Erbarmen: In diesem Fall droht ebenfalls eine Retaxation des kompletten Betrages. Die nachträgliche Heilung wird außerdem ausgeschlossen. Der Aufwand einer Nachprüfung sei für die Kasse einfach nicht zu leisten, sagte DAK-Chef Professor Dr. Herbert Rebscher. Die Pflicht zum Vermerk sei im Rahmenvertrag festgeschrieben, wie auch die ABDA bekräftigt.

Ob die Kasse mit solchen Retaxationen die erwarteten Beitragssteigerungen abfedern kann, ist jedoch fraglich. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) erwartet für 2016 einen Zusatzbeitrag für die Großkassen von 1,1 Prozent. 2015 notierte dieser Wert noch etwas niedriger bei 0,9 Prozent.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema

APOTHEKE ADHOC Debatte