Rauschgift

Crystal Meth: Rhinopront-Apotheker verurteilt

, Uhr
Berlin -

Rhinopront-Kombi macht die Nase frei – und einen Apotheker kriminell. Und reich. Ein Pharmazeut aus Hof wurde jetzt zu zehn Monaten auf Bewährung und einer Bewährungsauflage von 15.000 Euro verurteilt. Er hatte innerhalb von fünf Jahren rund 140.000 Packungen Schnupfenmittel verkauft – die wurden flugs im benachbarten Tschechien zu Crystal Meth verarbeitet.

Die Zahlen sind eindrucksvoll: Der Apotheker aus Hof verkaufte laut Ermittlern die Grundstoffe für über 120 kg Crystal Meth. Das ist mehr Crystal, als die deutsche Polizei im Jahr sicherstellen kann. Zum Vergleich: Im Jahr 2017 wurden 114,5 kg beschlagnahmt. Im Jahr 2016 waren es noch 62,2 kg, im Jahr 2009 noch 7,2 kg.

In tschechischen Drogenkreisen wurde die Hofer Adresse freudig herumgereicht. Der Pharmazeut stellte, anders als in Apothekenkreisen empfohlen, nämlich keine lästigen Nachfragen und verkaufte Rhinopront-Kombi in den gewünschten Mengen, mit denen in Erkältungszeiten ganze Dörfer hätten versorgt werden können. Der 68-Jährige wirkte so honorig und vertrauensvoll, dass die Ermittler ihm lange Zeit nicht auf die Spur kamen.

Für die tschechischen Drogendealer muss die Apotheke ein wahrer Glücksfall gewesen sein, denn in der Tschechischen Republik wurde der Zugang zu diesen Medikamenten bereits im Jahr 2009 erschwert. Patienten dürfen laut Gesetz nicht mehr als 24 Tabletten pro Woche kaufen. Im November 2016 verkaufte der Apotheker beispielsweise über 3000 Packungen des Schnupfenmittels.

In Deutschland sind Rhinopront und ähnliche Mittel apothekenpflichtig, aber verschreibungsfrei. Apotheker müssen jedoch nach der Apothekenbetriebsordnung die Abgabe verweigern, wenn sie den Verdacht eines Missbrauchs hegen. Bei seiner Verhaftung soll der Apotheker gesagt haben, dass er Alkoholiker gewesen sei und die Wirte, die ihm den Alkohol verkauft hatten, keinerlei Strafe zu befürchten hätten. Bezüglich des massenweisen Verkaufs von Rhinopront hatte er lange Zeit keine Bedenken. Auch nach einer ersten Durchsuchung im Dezember 2014 setzte der Apotheker sein Verkaufsverhalten fort. Das vergleichsweise milde Bewährungsurteil hat der Apotheker, wie Oberstaatsanwalt Dr. Andreas Cantzler in seinem Plädoyer kommentierte, einer „Gesetzeslücke und dem Tiefschlaf des deutschen Gesetzgebers“ zu verdanken.

In Hinterhof-Labors wurde das bei ihm erstandene Schnupfenmittel umgehend zur begehrten Droge weiter verarbeitet. In Rhinopront ist der Wirkstoff Pseudoephedrin enthalten, aus dem man mit relativ geringem Aufwand das Rauschgift Crystal gewinnen kann.

Bei den bestellten Mengen wurde irgendwann auch der Großhändler aufmerksam und informierte das Bundeskriminalamt. Zudem bekamen die Drogenfahnder der Kriminalpolizei in Hof einen Tipp der tschechischen Kollegen. Immer wieder war bei Ermittlungen der Name der kleinen Apotheke gefallen. Und dass man dort ohne große Probleme große Mengen der begehrten Ware kaufen könne. Fahnder beobachteten zum Beispiel einen Mann, der mit einer leeren Sporttasche die Apotheke betrat und diese mit einer prall gefüllten Tasche wieder verließ. Inhalt: Das Schnupfenmittel in rauen Mengen.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr zum Thema
2500 Packungen illegal nach China verkauft
Paxlovid: Apothekerin aus Innsbruck angeklagt
Mehr aus Ressort
Kein Bewusstsein für Leistung vorhanden
Notdienst: Apotheker für 50 Prozent Luxus-Aufschlag
Neue Nische für Zwischenhändler
Skonto über Großhandelsapotheken?

APOTHEKE ADHOC Debatte