Schon bald wird auch in Apotheken gegen Corona geimpft. Neben ärztlichen Schulungen und den erforderten Räumlichkeiten sollten Apotheken auch ihren Versicherungsschutz im Blick behalten. Zumindest eine Rücksprache mit der Versicherung sei geboten, mahnen die Versicherungsexperten Michael Jeinsen und Peter Grimm.
Die Frage nach dem Versicherungsschutz steht Jeinsen zufolge auf der Agenda, weil die Haftung der Apotheker:innen deutlich erweitert wird. In der Regel seien Impfungen nicht Bestandteil einer bestehenden Haftpflichtversicherung. „Denn trotz aller Qualifikationen kann es zu Fehlern und somit zu Personenschäden kommen. Falsche Dosierung, ein falscher oder fehlerhafter Impfstoff sowie Verletzungen von Impflingen durch die Spritze – all das sind Risiko-Szenarien, die über die Betriebshaftpflicht abgesichert werden sollten“, so der Experte.
Dass das Impfen nichts anderes sei als eine Medikamentenabgabe, sei schlicht falsch, so die Experten. Schon deshalb, weil bei der Medikamentenabgabe einem kranken Patienten ein Mittel zur Heilung mitgegeben werde, während bei der Impfung einem gesunden Patienten durch eine geduldete Verletzung des Körpers ein Impfstoff verabreicht werde.
Die gute Nachricht: Üblicherweise dürfte eine rechtsverbindliche Ausweitung des Versicherungsschutzes kein Problem sein, so Jeinsen und Grimm. Idealerweise erfolgt diese beitragsfrei. Einige Anbieter könnten allerdings auch Beitragszuschläge fordern oder Ausschlüsse in den Verträgen festhalten. Grundsätzlich erwarten die Makler, dass die Versicherer Lösungen für diese Gefahrenerhöhung bieten müssen.
Ein Risiko sehen Jeinsen und Grimm in der Auswahl des richtigen Impfstoffes, der dann alleine bei der Apotheke liege. „Bei Kontraindikationen können unter Umständen nicht alle Impfpräparate gefahrlos gegeben werden, dies erhöht das Risiko in der Apotheke.“ Vor der Impfung stehe daher immer eine ausführliche und dokumentierte Beratung des Patienten. „Beratungs- oder Dokumentationsfehler gehen zulasten der Apotheke“, warnen Jeinsen und Grimm. Natürlich haftet die Apotheke auch Fehler bei der Durchführung der Impfung selbst. Zwar würden Risikopatient:innen werden in der Regel wohl nicht in die Apotheke zum Impfen gehen. „Doch nicht jeder Risikopatient weiß, dass er einer ist“, warnt Jeinsen.
Einen Ruheraum für die vorgesehenen 15 Minuten Wartezeit nach der Impfung müssen die Apotheken sowieso vorhalten. Auch muss eine Notfallbetreuung für unerwünschte Zwischenfälle gesichert sein. Apotheken, die bereits an Modellprojekten zu Grippeschutzimpfungen teilnehmen, sollten diese Fragen schon geklärt haben.
Jeinsen und Grimm erinnern an einen grundlegenden Satz aus der Versicherung von Haftpflichtrisiken: Verwechsle niemals Haftung mit Deckung. „Denn Haftung ist das, wofür der Apotheker im Falle eines Fehlers aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder vertraglicher Vereinbarung geradestehen muss. Deckung ist der Teil der Haftung, die dem Apotheker aufgrund vertraglicher Vereinbarung von der Versicherung abgenommen wird.“
Die Berufshaftpflichtversicherung (BHV) für Apotheken regele die Herstellung und Abgabe von Medikamenten. Selbst diese grundlegenden Tätigkeiten einer Apotheke seien meist nicht umfassend abgedeckt. Impfungen sind regelmäßig nicht Bestandteil einer Haftpflichtversicherung für Apotheken. „Dieser Versicherungsschutz muss also unbedingt vor Beginn dieser Tätigkeit schriftlich vereinbart werden“, mahnen die Experten.
Eine weitere Frage sind Jeinsen und Grimm zufolge Vermögensschäden, die etwa durch eine fehlerhafte Datenerfassung entstehen könnten. Beispiel: Wird im Impfnachweis ein Fehler gemacht und der Patient kann wegen dieses Fehlers einen Flug nicht antreten, handelt es sich um einen reinen Vermögensschaden. „Für diesen besteht kein Versicherungsschutz, wenn er nicht ausdrücklich eingeschlossen ist.“ Dieses Problem bestehe in Apotheken allerdings schon, seitdem die digitalen Impfzertifikate ausgestellt werden. „Und in der Praxis ist es hier ja auch tatsächlich schon zu Problemen gekommen“, so Jeinsen.
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