Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will das Tempo bei den Corona-Impfungen verdoppeln. Dazu sollen bereits in zwei Wochen auch die Arztpraxen mit dem Impfen beginnen. Ab April soll dann laut einem BMG-Papier, das APOTHEKE ADHOC vorliegt, die „nächste Phase der Nationalen Impfstrategie“ starten: Haus- und Facharztpraxen sollen Impfungen routinemäßig als Teil der Regelversorgung anbieten. Die Distribution soll über den pharmazeutischen Großhandel laufen – wie genau, darüber werde bereits seit Anfang des Jahres verhandelt.
Deutschland hängt im Vergleich zu anderen Industrienationen bei den Corona-Impfungen weit hinterher, das leugnet man auch im BMG nicht: „Die Impfkampagne muss nun also deutlich an Fahrt gewinnen und die Zahl der in den Impfzentren und durch die mobilen Impfteams der Länder tatsächlich durchgeführten Impfungen pro Woche wie zugesagt verdoppelt werden“, heißt es deshalb in einem gestern verfassten BMG-Papier. Konnte die Bundesregierung ihr bisheriges Scheitern bei der Impfstrategie noch auf Lieferengpässe schieben, so wird sie sich bald an ihrer eigenen Organisationsabreit messen lassen müssen, denn laut Angaben der Hersteller werden bis zum Ende der laufenden Kalenderwoche über elf Millionen Impfdosen an die Länder ausgeliefert sein, wie das BMG selbst schreibt. Demnach wurden für Erst- und Zweitimpfungen bisher insgesamt über sechs Millionen Dosen verimpft. Aktuell würden am Tag bis zu 170.000 Impfungen durchgeführt.
Nachdem bei Pflegeheimbewohner:innen bereits erste Erfolge auch statistisch sichtbar würden, hätten bereits alle Länder im fließenden Übergang begonnen, auch Personen der zweiten Priorisierungsgruppe nach der Coronavirus-Impfverordnung ein Impfangebot zu machen. Dazu gehören seit dem 24. Februar auch die Beschäftigten in Kinderbetreuungseinrichtungen, in der Kindertagespflege sowie in Grund-, Förder- und Sonderschulen. Nun also will das BMG im Rahmen der Aktualisierung der Nationalen Impfstrategie und zum besseren Übergang in die nächste Phase niedergelassenen und Ärzt:innen weiterentwickeln: „Die Impfverordnung des Bundes wird dahingehend geändert, dass ab der zweiten Märzwoche die Beauftragung ausgewählter Leistungserbringer der niedergelassenen ärztlichen Versorgung durch die Länder einen festen Rahmen hat.“
Dazu gehören explizite Regelungen für die Vergütung für die entsprechenden ärztlichen Leistungen, für die vorzunehmende digitale Impfquotenerfassung und für die Abrechnung über die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV). Die beauftragten Ärzt:innen sollen auch den Nachweis der Anspruchsberechtigung und die Priorisierung vor Ort in ihrer Praxis prüfen. Wie bei den Impfzentren soll der vom Bund beschaffte Impfstoff über die zuständigen Landesbehörden zur Verfügung gestellt werden. Doch das soll sich dem BMG zufolge gut zwei Wochen später dann ändern. Denn ab April, so die jetzige Kalkulation, werden die momentan noch unterhalb voller Auslastung fahrenden Impfzentren überlastet sein, Corona-Schutzimpfungen sollen dann Teil der ärztlichen Regelversorgung werden.
„In den meisten Ländern wird die Zahl der verfügbaren Impfdosen bereits im April die von den Ländern gemeldeten maximalen Kapazitäten in den Impfzentren übersteigen“, so das BMG. Seit Beginn dieses Jahres es deshalb im engen Austausch mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) sowie den Verbänden der Apotheker und des pharmazeutischen Großhandels für den April den Übergang in die nächste Phase der Nationalen Impfstrategie vor. „In dieser Phase sollen die haus- und fachärztlichen Praxen, die in der Regelversorgung routinemäßig Schutzimpfungen anbieten, umfassend in die Impfkampagne eingebunden werden.“
Die Frage ist nur: Wie kann die Distribution organisiert werden? Die KBV wünscht sich, den Impfstoff ganz normal als Sprechstundenbedarf in der Apotheken bestellen zu können. Die Frage ist, ob – angesichts der alljährlichen Erfahrungen beim Grippeimpfstoff – die Bestände zentral erfasst und die Verteilung so nachgesteuert werden kann. Hier herrscht also noch Klärungsbedarf: „Die hierzu gehörenden Fragen der Vergütung, der Logistik, der Distribution, der Verfügbarkeit von Impfzubehör sowie der eigenständigen Datenmeldung an das RKI befinden sich in letzten Abstimmungen zwischen allen Beteiligten“, schreibt das BMG. Noch im März werde das Ministerium die zur Umsetzung notwendigen Rechtsverordnungen erlassen.
Das Aus für Impfzentren und mobile Teams werde das allerdings nicht sein. Sie würden weiterhin gebraucht und „zur besseren Planung ab April kontinuierlich mit der gleichen Menge Impfdosen wöchentlich beliefert“. Termine in den Impfzentren sollen demnach weiter strikt nach geltender Priorisierung vergeben werden. Für die Impfungen in den Arztpraxen hingegen gelte die Priorisierung der Coronavirus-Impfverordnung „als Grundlage“, schreibt das BMG: „Die tatsächliche Entscheidung der Priorisierung erfolgt nach jeweiliger ärztlicher Einschätzung vor Ort. Dies wird helfen, in dieser Phase eine flexiblere Umsetzung von Impfungen zu ermöglichen.“ Eine größere Rolle sollen darüber hinaus auch die Betriebsärzt:innen spielen: Sie können schon seit Beginn der Impfkampagne insbesondere im Zusammenhang mit mobilen Impfteams organisatorisch einbezogen werden. In einem weiteren Schritt nun die Betriebsärzt:innen und ihre die Unternehmen im Laufe des zweiten Quartals „verstärkt in die Impfkampagne eingebunden“ werden. Auch dazu würden bereits Gespräche laufen.
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