Winterlösung für Hochwasser-Apotheke

Container statt Offizin: „Fast wie eine normale Apotheke“

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Berlin -

Inge Göttling ist eine von vielen Inhaber:innen, die durch das Hochwasser im Juli über Nacht ihre Apotheke verloren hat. Die Burg Apotheke in Altenahr wurde komplett zerstört. Nach einer Übergangslösung in einem Container des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) findet die Apotheke nun einen festen Platz in einer Containeranlage in Kalenborn. Für Göttling und ihr Team bedeutet dies einen großen Schritt nach vorn.

Auch Monate nach der Flutkatastrophe laufen die Aufräumarbeiten im Ahrtal weiter. „Lediglich der Schlamm ist weg“, berichtet Göttling. Viele Orte sind noch immer nicht bewohnbar, die Straßen sind von tiefen Löchern übersät oder gänzlich zerstört. Strom und Telefonnetz halten langsam wieder Einzug, an funktionierende Heizungen ist jedoch nicht zu denken – „doch die kalte, dunkle Jahreszeit steht bevor.“

Medikamente aus dem Container

Deshalb war es auch für Göttling wichtig, vor dem Winter eine Lösung für ihre Apotheke zu finden. „Der neue Container ist winterfest, sodass wir nun über einen längeren Zeitraum bleiben können“, erklärt die Inhaberin. Zwar sei der Container des DRK eine gute und schnelle Zwischenlösung für den Anfang gewesen, auf Dauer sei es jedoch kein Zustand. Denn noch immer sei unklar, wie lange die Aufbauarbeiten andauern. Unklar bleibt außerdem, ob Göttling die ursprünglichen Räumlichkeiten ihrer Apotheke nochmal aufbauen kann. „Das Gebäude steht leer, wir haben aber noch keine Ahnung, wie es weitergeht“, erklärt sie.

Seit vergangener Woche findet die Apotheke gemeinsam mit einer Hausarztpraxis ihren Platz in einem Container in Kalenborn – auf etwa 100 Quadratmetern. Die neuen „Räumlichkeiten“ wurden von Action Medeor, Apotheker ohne Grenzen (AoG) und dem Deutschen Medikamenten-Hilfswerk gespendet. Das Gelände wurde von einem Hotelier zur Verfügung gestellt. Mindestens ein Jahr sollen Hausarztpraxis und Apotheke nun im Container bleiben.

Schubladen statt Bierzeltgarnitur

„Der Umzug war nochmal ein riesiger Kraftakt.“ Denn er wurde während des laufenden Betriebes durchgeführt. In Eigenregie mit Unterstützung durch den Großhandel wurde der Container eingerichtet. „Es hat sich aber gelohnt – wir sind jetzt endlich wieder gut sortiert“, freut sich die Apothekerin. Neben HV-Tischen, Offizin, Frei- und Sichtwahl gibt es wieder mehr Lagerfläche. Lediglich das Labor fehle, ansonsten sehe es fast aus wie eine normale Apotheke, findet Göttling.

Für das Team bedeutet der Umzug ein Stück weit Normalität. „Wir freuen uns endlich wieder auf die Arbeit.“ So wurden im alten Container beispielsweise die Medikamente auf Bierzeltgarnituren „gelagert“ – heute finden sie wie gewohnt ihren Platz in den Schüben. Die Einrichtung wurde Göttling von einer befreundeten Apothekerin geschenkt, die ihre Filiale schließen musste.

„Wir sind froh, dass wir die Patienten nun wieder besser versorgen können.“ Da viele Ortschaften noch immer abgeschnitten und schlecht zu erreichen seien, beliefert Göttling sie per Botendienst. Rund 5 bis 6 Stunden pro Tag seien die beiden Fahrer:innen der Apotheke unterwegs, um auch die kleinsten Orte zu versorgen. Da die Straßen teilweise noch immer in katastrophalem Zustand sind, wurde ein Geländewagen angeschafft. Die Kund:innen seien sehr froh über den Service und würden sich dankbar zeigen.

Botendienst vs. Versandapotheken

Einige seien von den Versandapotheken zu ihr gewechselt: Denn diese scheinen Probleme mit der Zustellung im Katastrophengebiet zu haben, wie die Apothekerin nun mehrfach gehört hat. Für sie ist das nicht verwunderlich: Viele Menschen hätten keine festen Adressen mehr, einige würden in Ferienwohnungen leben oder nur stundenweise vor Ort sein. „An einem Rohbau kann man natürlich auch nicht einfach ein Paket abstellen“, meint Göttling. Außerdem würden Straßensperrungen fast täglich wechseln. „Für unsere Boten ist das kein Problem: Sie sind ortskundig und kennen immer Strecken, die sie fahren können. Außerdem kennen sie viele Kunden und wissen, wo diese nun untergekommen sind.“ Für viele Paketdienstleister sei die Zustellung jedoch offenbar schwierig. Das verärgert die Inhaberin: „Ich frage mich wirklich, wie die Versandapotheken in einem Katastrophenfall die Menschen versorgen wollen“, so Göttling.

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