ApoRetro – Der satirische Wochenrückblick

Computer sagt Nein

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Berlin -

Was haben die Apothekerinnen und Apotheker auf sich genommen, studiert, fleißig gelernt, teilweise sind sie ein wirtschaftliches Risiko eingegangen – selbst Schuld – und haben eine Apotheke übernommen. Und für was? Damit der 60-Jährige Stammkunde nun die PTA oder Inhaberin oder Inhaber selbst ein bisschen von oben herab belehrt: „Hamse denn schon mal neu gestartet?“ Ja, danke. Trotzdem bleibt nur die Antwort: Computer sagt Nein.

Millionen von Möchtegern-IT-Profis stehen nun täglich in den Apotheken und meinen, es besser zu wissen, wenn das E-Rezept mal wieder nicht so will wie ursprünglich geplant. Jeder weiß: Desto mehr technische Komponenten im Einsatz sind, desto mehr Fehlerquellen gibt es auch. Doch Oma Erna glaubt trotzdem, das Rezept ist auf ihrer Karte gespeichert. Die komplexen Hintergründe vereinfacht zu erklären, ist vielen PTA und Apothekerinnen schon zu nervig geworden. Also heißt es nun nur noch: „Computer sagt Nein“. Versteht jeder, ist simpel.

Waren viele Pharmazeut:innen zum Start vielleicht noch zweckenthusiastisch, ist die Luft langsam raus. „Versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt wieder“, lautet die Devise – oder einfach mehrfach wie ein Dummchen die Karte in den Terminal stecken. Viel hilft bekanntlich viel, wahlweise auch „aller guten Dinge sind drei“.

Dass die Apotheken eigentlich schon lange „ready“ für das E-Rezept sind, im Hintergrund hochmoderne Automaten beschäftigen und eine Hochleistungslogistik nutzen und jetzt trotzdem wie die letzten Idioten vor den Kund:innen stehen, war so irgendwie nicht gedacht. Da machen sich Inhaberinnen und Inhaber seit Jahren Gedanken, wie sie diese vermeintliche Erleichterung integrieren, um am Ende dazustehen und nicht mehr sagen zu können als: „Computer sagt Nein“.

Wege aus der Krise

Doch was tun, wenn die Technik sagt: „Heute habe ich leider kein E-Rezept für dich“? Vor den Kund:innen wirkt es nicht gerade vertrauenserweckend, wenn entweder wegen eines simplen Technikausfalls nicht bedient werden kann, oder gar die PTA beginnt, auf das Terminal einzuschlagen. Statt eine halbe Stunde mit der Kundin zu versuchen, auf das E-Rezept zugreifen zu dürfen, sieht die Realität doch anders aus: Oftmals können die Kund:innen mit E-Rezept einfach nur weggeschickt werden. „Haben Sie vielleicht noch ein paar Einkäufe oder Besorgungen?“ In der Hoffnung, sie kommen wieder… Ob die Technik dann allerdings mitspielt, steht in den Sternen.

Was es jetzt braucht: Ein paar findige und aufstrebende Kolleg:innen, die das Ganze noch mal neu machen. In Schön. Vielleicht gibt es ja ein paar Freiwillige bei der Abda? In nächtelanger Zusatzarbeit können sie dann in ein paar Monaten Karl Lauterbach ihre Lösung präsentieren: E-Rezept 2.0 integriert alle Akteure, minimiert die technisch fehleranfälligen Komponenten und hat vor allem ein belastbares Backup.

Doch sind wir mal ehrlich: Das wird nicht kommen. Also versuchen die meisten Kolleg:innen, das Beste daraus zu machen, auf die Schwachstellen unermüdlich hinzuweisen oder den Kopf in den Sand zu stecken. Wahlweise abwechselnd im Laufe des Tages. Dass die Umstellung nicht reibungslos verlaufen würde, war wohl den meisten klar. Wie sehr am Ende die Apotheken und ihr Personal zu den Buhfrauen und -männern werden könnten, wohl eher nicht.

Vielzahl von Störungen

Die vergangene Woche war für viele Apotheken zumindest technisch eine der herausfordernsten: Nachdem die Gematik bereits am 27. Februar gemeldet hatte, dass es an den folgenden Tagen mehrfach im Zeitraum zwischen 8 und 9 Uhr zu Ausfällen kommen könnte, gab es tatsächlich wiederholte Störungen:

  • So kam es gleich am Montagmorgen (4. März) zu einem zweistündigen Ausfall von circa 9 bis 11 Uhr.
  • Eine andere Störung trat am Dienstag (5. März) ab circa 12 Uhr auf; diese galt erst in den Morgenstunden des 6. März als behoben. Dieser Ausfall betraf laut Gematik Versicherte von AOK NordWest, AOK NordOst, AOK Rheinland/Hamburg, HEK und Barmer.
  • Auch der Donnerstag (7. März) startete mit einem Ausfall. Von 8.40 bis 9.15 Uhr kam es zu Problemen beim Ausstellen und Einlösen von E-Rezepten. Die Gematik riet Apotheken zum mehrfachen Einstecken der eGK beziehungsweise erneuten Versuch nach wenigen Minuten.

Selbst an den gesamten Zahlen der eingelösten E-Rezepte war diese Stör-Woche zu sehen. Und noch sind nicht mal alle Akteure angebunden. Was wird erst, wenn das System unter Volllast fährt, fragt sich nicht nur Inhaberin Daniela Hänel. Und als wären die Ausfälle nicht schon schlimm genug, wollen auch noch alle drumherum Geld mit weiteren technischen Anbindungen verdienen. Und ob die entsprechenden Lösungen wirklich sauber sind, ist auch nicht immer geklärt. Ganz zu schweigen davon, dass auch die eigene Technik die Ausfälle teilweise nicht so einfach wegsteckt.

Passenderweise legte auch die Abda in dieser Woche Zahlen ihrer Umfrage vor: Bei etwa einem Drittel der befragten Inhaberinnen und Inhaber kam es bei 21 bis 40 Prozent der E-Rezepte zu Schwierigkeiten. Alles Fälle, in denen dem Apothekenpersonal nur bleibt: Computer sagt Nein. Oder man versucht es dann doch mit einem Neustart...

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