Chef wird Angestellter: „Ich habe nicht vor, stiller zu werden“ Carolin Ciulli, 06.06.2021 09:44 Uhr
Wieder schließt eine traditionsreiche Apotheke, wieder konnte kein Nachfolger:in gefunden werden. Im Fall der Stadt-Apotheke im bayerischen Ebermannstadt kündigt Inhaber Christian Redmann aus einem besonderen Grund alle Verträge. Nach vier Jahren „Fern-Ehe“ wird er zu seiner Frau in das knapp 200 Kilometer entfernte Schöllkrippen ziehen.
Redmann ist Apotheker mit Herzblut – er scheut keine klaren Worte, startete 2018 eine Petition zum Rx-Versandverbot, die rund 50.000 Unterzeichner fand und ist nach eigenem Bekunden erfolgreich an seinem Standort. Dennoch entschloss er sich letztlich, die 1833 gegründete Apotheke aufzugeben. „Es handelt sich um rein private Gründe“, sagt der 39-Jährige. Nach vier Jahren wolle er zu seiner Frau ziehen, die in Schöllkrippen die Apotheke des Vaters übernahm und leitet.
Die finale Entscheidung, die eine Apotheke letztlich aufzugeben, habe mehr als ein Jahr gedauert, so Redmann. Der Standort seiner Frau gewann auch, weil es sich um einen Familienbetrieb handelt, der in dritter Generation geführt wird. „So etwas gibt man nicht auf.“ Lange suchte er nach einem Nachfolger. Oberstes Ziel sei gewesen, die Apotheke nicht schließen zu müssen – allein schon wegen seiner fünf Angestellten.
Das wirtschaftliche Risiko gehe gegen Null, wirbt Redmann. „Der Betrieb läuft gut und ist stetig gewachsen. Uns hat nichts umgehauen, weder AvP-Pleite noch Corona.“ Doch es sei nicht leicht, junge Apotheker zu finden, die sich selbstständig machen wollen. Die personelle Situation mache eine Übergabe schwierig. Der Betrieb sei gerade für Berufsanfänger geeignet, da die Apotheke einen festen Platz in der Arzneimittelversorgung habe. „Es gibt vier große Hausarztpraxen, zwei Frauenärzte und einen Kinderarzt im Haus.“
Auch mit den beiden anderen Apotheken in der Kleinstadt in Oberfranken sei das Verhältnis gut. „Wir vertragen uns. Ein Inhaber ist bereits 70 Jahre alt.“ Doch das Apothekerpaar wollte nicht länger warten und Redmann schließt Ende Juli für immer. „Ich werde nicht auf mein Glück warten.“ Falls sich noch ein oder eine Interessent:in findet, könne er oder sie ja anrufen. Zwar habe er dem Personal bereits offiziell gekündigt, aber sie seien noch nicht anderweitig untergekommen. Auch die anderen Verträge könnten rückgängig gemacht werden. Redmann freut sich auf den Tapetenwechsel. „Ich lasse mich anstellen“, sagt er und kündigt an: „Ich habe nicht vor, stiller zu werden.“