Nicht nur wegen Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung sind die Testzentren in die Kritik geraten. So mancher Betreiber war auch heillos überfordert mit seiner Aufgabe. In Lübeck musste die Behörde die Erlaubnis in einem Fall widerrufen, weil negative Ergebnisse verschickt worden waren, obwohl noch gar kein Test durchgeführt worden war. In einem anderen Fall musste eine Besucherin angesichts sich widersprechender Ergebnisse durch ein Wechselbad der Gefühle.
Das Testzentrum mit zwei Standorten war im April formal mit der Durchführung von Bürgertestungen beauftragt worden, zunächst bis Ende Juni. Doch schon Anfang Juni sah sich die Behörde veranlasst, den Bescheid zu widerrufen und die sofortige Schließung anzuordnen. Die ordnungsgemäße Durchführung sei nicht hinreichend sichergestellt, da Auflagen nicht eingehalten würden. Gleich zwei äußerst dubiose Fälle und die überregionale Berichtserstattung darüber hatten die Aufsicht zu hartem Durchgreifen veranlasst.
Die Leiterin eines Restaurants wollte sich am 6. Juni in einer der beiden Teststationen testen lassen. Den Termin hatte sie per Scan gebucht, doch in der Anmeldung habe man ihr gesagt, dass die Durchführung ohne Personalausweis oder Krankenversicherungskarte nicht möglich sei. Für die Kundin war das kein Problem, sie wollte am nächsten Tag noch einmal vorbeikommen. Doch circa 20 Minuten später erhielt sie eine E-Mail mit einem negativen Testergebnis – und dem Hinweis, dass die Gültigkeit des Zertifikates durch Abgleich mit der Online-Version über einen QR-Code bestätigt werden könne.
Die Frau schickte direkt eine Mail an die Aufsicht, die noch am selben Abend dem Betreiber per E-Mail die Beauftragung zur Durchführung von Antigentests entzog.
Am nächsten Tag erfuhr die Behörde, dass es eine weitere Beschwerde gegeben habe – diesmal beim NDR. Eine weitere Frau hatte sich dort gemeldet und mitgeteilt, sie habe sich in dem Testzentrum testen lassen und per E-Mail ein negatives Testergebnis erhalten. Danach habe sich der Betreiber aber plötzlich gemeldet und mitgeteilt, dass ihr Test sei doch positiv ausgefallen sei. Zur Begründung habe es geheißen, die E-Mail mit dem negativen Testergebnis sei automatisch verschickt worden.
Gegenüber dem NDR wurde behauptet, dass Testzentren grundsätzlich zunächst ein negatives Testergebnis ausstellten und im Falle eines positiven Testergebnisses die Testperson ein neues Ergebnis bekäme. Dies erklärte der Betreiber damit, dass dass das Computerprogramm „negativ“ vorgebe und man das Zertifikat nur im Falle der Fälle ändere.
Zu diesem Zeitpunkt hatte das Testzentrum der Behörde den positiven Befund bereits übermittelt und erklärt, dass ein anschließender PCR-Test durchgeführt und ins Zentrallabor abgegeben worden sei. Die Bürgerin sei ausführlich aufgeklärt worden, sich vorsorglich in Quarantäne zu begeben. Sie habe sich mit diesem Verfahren einverstanden erklärt. Tatsächlich war die Frau nach eigenen Angaben aber in der Zwischenzeit in einem Restaurant gewesen und habe am Buffet verschiedene Leute getroffen.
Weil der Betreiber die Schließung nicht akzeptieren wollte, ging der Fall vor das Verwaltungsgericht. Dort war plötzlich von einer Fehleinschätzung beziehungsweise einem Bedienungsfehler die Rede, wodurch der falsch negativer Befund per E-Mail übermittelt worden sei. Dies sei in dem Zentrum sofort aufgefallen, weshalb man sofort eine weitere E-Mail hinterhergeschickt habe.
Diese erreichte die Frau offenbar noch während ihres Restaurantbesuchs, den sie daraufhin abgebrochen und sich wieder in das Testzentrum begeben habe. Dort aber, so schildert der Betreiber, habe sie sich nicht außerhalb des normalen Prozesses angemeldet, sondern als testwillige Person ohne Termin, weshalb ihr aufgrund eines fehlerhaften Setups der EDV das falsch negative Ergebnis des zuvor durchgeführten ersten Tests noch einmal übermittelt worden sei.
Dieser Vorgang sei nicht richtig gewesen. Aber es sei auch nur fünf Tage nach Aufnahme des Betriebs nicht zu erwarten, dass alle EDV-Prozesse optimal gesteuert seien. Dritte seien nicht gefährdet gewesen, da sich die Frau ja im Testzentrum befunden habe, wo sie über das Verfahren und die Notwendigkeit eines PCR-Tests aufgeklärt worden sei. Dieser sei dann direkt vor Ort durchgeführt worden – und wiederum negativ gewesen, was später auch durch das Zentrallabor bestätigt worden sei. Es könne insoweit keine Rede davon sein, dass einer Kundin ohne durchgeführten Schnelltest ein Testergebnis übermittelt worden wäre. Der Vorgang lasse vielmehr ein außerordentlich sorgfältiges und verantwortungsvolles Vorgehen mit der Durchführung von Corona-Schnelltests erkennen.
Doch vor Gericht überzeugten die Aussagen nicht. Die Tatsachen zeigten, dass die Prozesse in der Teststation nicht hinreichend zuverlässig organisiert waren, dass nur Bescheinigungen aufgrund eines tatsächlich vorliegenden Testergebnisses ausgestellt wurden. „Der Antragsteller hat keine geplanten oder durchgeführten Verfahrensschritte beschrieben, die es künftig ausschließen könnten, dass solche inhaltlich unrichtigen Bescheinigungen ausgestellt werden, die in seinem EDV-System sogar angelegt zu sein scheinen.“
Das Verwaltungsgericht verwies auf die geforderte Zuverlässigkeit bei Corona-Tests: Jede falsch ausgestellte Testbescheinigung berge die Gefahr, dass eine Person weitere Personen mit dem Coronavirus infiziere. Aufgrund der unterschiedlichen Sachverhalte könne hier auch nicht davon ausgegangen werden, dass es sich lediglich um ein Computerproblem gehandelt habe. „Selbst wenn ein solches vorgelegen haben sollte, hätte der Antragsteller die Verpflichtung gehabt, diesem entgegenzuwirken beziehungsweise nach dessen Entdecken umgehend darauf zu reagieren. Derartiges habe aber nicht festgestellt werden können.“
„Wegen der besonderen Bedeutung der Testungen für eine möglichst wirksame Pandemie-Bekämpfung durch die zeitnahe Erkennung von Infektionen, für die Unterbrechung von Infektionsketten sowie für die Verringerung von Gefahren bei der Pflege von Kontakten ist es zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung von besonderer Bedeutung, dass bei der Durchführung der Beauftragung Verfahren angewendet werden, die sicherstellen, dass die Testergebnisse richtig bescheinigt werden.“ Dies sei im vorliegenden Fall nicht gewährleistet, sodass die erforderliche Zuverlässigkeit für die Gewährleistung der Richtigkeit ausgestellter Bescheinigungen nicht mehr festgestellt werden könne. Mildere Mittel seien nicht ersichtlich.
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