Die Teams in den Apotheken stehen dem Thema medizinisches Cannabis offen gegenüber, fühlen sich aber teilweise noch nicht gut genug dazu informiert. Unter anderem die Abrechnung und die damit verbundene Retaxgefahr verunsichert viele. Das ist ein Ergebnis der großen Befragung „Zukunftsmarkt Medizinisches Cannabis – Insights aus der Apotheke“ des Expertenpanels aposcope.
Nur eine knappe Mehrheit der insgesamt 508 Befragten (56 Prozent) fühlt sich zum Thema medizinisches Cannabis gut informiert. Dabei teilt sich die Gruppe allerdings klar in Apotheker und PTA: Während zwei Drittel der Approbierten sich gut informiert fühlen, beklagt jede zweite PTA (52 Prozent), dass Informationen fehlten. Insgesamt jeder zehnte Befragte (10,6 Prozent) fühlt sich sogar schlecht oder sehr schlecht informiert.
Mehr Informationen wünschen sich die Teams vor allem zur Abrechnung (66 Prozent), zur Abgabe (65 Prozent) und zu rechtlichen Fragestellungen (63 Prozent). Auch Rezepturhinweise, Informationen zu zugelassenen Fertigarzneimitteln oder den Blüten samt Zusammensetzung sind gewünscht. Ebenfalls hilfreich würden die Apotheker und PTA Aufklärungsmaterial für Patienten finden, aber keine Produktbroschüren. Gefragt sind zudem Informationen zur Identitätsprüfung und zu Extrakten.
Vor allem vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) würden sich die Befragten Informationen zum Thema „Cannabis in der Apotheke“ wünschen. Mit 61 Prozent liegt das BfArM noch vor den Apothekerkammern (57 Prozent) und -verbänden (49 Prozent). Von den Krankenkassen würden sich 38 Prozent Informationen wünschen.
Heute informieren sich die meisten (90 Prozent) aber vor allem über Fachmedien und -portale. Erst mit großem Abstand folgen die Kammern und Verbände (32 Prozent), noch hinter dem Internet und allgemeinen Medien (53 Prozent). Hersteller und Großhändler (26 Prozent) sowie Fortbildungen/Schulungen tragen ebenfalls zur Informationsgewinnung bei. Ein Austausch mit Beteiligten hilft jedem zehnten Befragten. Vor allem Kollegen und – mit einigem Abstand – Ärzte spielen dabei eine große Rolle.
Der ABDA zufolge werden Informationen zu Cannabis im Mitgliederbereich „rege genutzt“. „Wir verzeichnen fünfstellige Zugriffszahlen“, sagte eine Sprecherin. In den FAQ würden „alle allgemeinen Fragen von Apothekern beantwortet“. Das Dokument werde regelmäßig auf Vollständigkeit und Aktualität überprüft. In den vergangenen Monaten seien keine Anfragen von Apothekern eingegangen, die über die FAQ hinaus gingen. „Wenn uns Anfragen von Apothekern zu Wissenslücken rund um medizinisches Cannabis erreichen, nehmen wir diese ernst und prüfen, ob wir die FAQ entsprechend erweitern können“, so die Sprecherin.
Die größte Herausforderung bei der Belieferung von Cannabis-Rezepten ist nach wie vor der Bezug der Rezepturstoffe. Aber schon auf Platz 2 landet das Problemfeld „Abrechnung/Taxierung/Retax“. Wenn die Versorgung nicht reibungslos abgelaufen ist, lag in jedem fünften Fall hier die Schwierigkeit.
Bei Fragen zur Verfügbarkeit verweist die ABDA-Sprecherin an die Ärzte: „Die ABDA erfasst die Liefersituation bei medizinischem Cannabis nicht systematisch, da sich diese täglich ändern kann. Bei Lieferengpässen kann der verordnende Arzt oft für den jeweiligen Patienten auf ähnliche Sorten anderer Hersteller ausweichen.“ Sei die ärztlich verordnete Sorte Cannabisblüten eines Herstellers nicht lieferbar, dürfe die Apotheke sie nur nach Rücksprache mit dem Arzt gegen eine andere Sorte austauschen. Bei einzelnen Sorten von medizinischem Cannabis seien Lieferengpässe möglich, wenn Chargen ausverkauft und neue noch nicht freigegeben seien.
Die Apotheken begegnen der Herausforderung laut der aposcope-Umfrage mit unterschiedlichen Mitteln: Während das Thema in zwei von drei Teams schon besprochen wurde, haben 36 Prozent einen spezialisierten Kollegen. Jede vierte Apotheke hat sogar einen internen Prozess- und Beratungsleitfaden erstellt. Und in 16 Prozent der Apotheken wurde eine Teamfortbildung absolviert.
Und wo sehen Apotheker und PTA den größten Optimierungsbedarf? Wie so oft in der Kommunikation. Die Zusammenarbeit der verschiedenen Beteiligten könnte jedem vierten Befragten zufolge verbessert werden. Dahinter sehen jeweils 21 Prozent beim Ausstellen der Rezepte sowie der Informiertheit noch großes Verbesserungspotenzial. Nur 17 Prozent gaben dagegen an, das alles klappt und die Ärzte gut informiert und kooperativ sind.
An der Umfrage von aposcope beteiligten sich im am 5. und 6. Juli 2019 insgesamt 508 Apotheker und PTA. Das Panel von aposcope besteht aus mehr als 2000 verifizierten Apothekerinnen, Apothekern und PTA.
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