„Damit sind mal eben 395,65 Euro futsch“

Cannabis-Retax: Bezeichnung „Blüten“ fehlte

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Berlin -

In etlichen Apotheken hagelt es momentan Nullretaxationen. Ob Antibiotika- und Fiebersäfte oder Hochpreiser: Fehlt beispielsweise die Dosierung, sind die Kassen gnadenlos und setzen den Abrechnungsbetrag auf Null. Das sorgt bei Apotheker:innen momentan für viel Ärger und Unverständnis. So auch in der Rochus-Apotheke in Wangen. Inhaberin Dr. Jenny Hsieh-Ehrhardt ist fassungslos: „Wir haben ein Cannabis-Rezept auf Null retaxiert bekommen – weil die Bezeichnung Blüten fehlte.“

In der Apotheke im Allgäu wurde im September vergangenen Jahres ein Betäubungsmittelrezept (BtM) mit Cannabis in Form von Blüten vorgelegt: „Nach sorgfältiger Prüfung habe ich das Rezept beliefert und alles so aufgedruckt, wie es auch in der Taxe stand“, so die Apothekerin. Dazu gehörten die genaue Bezeichnung des Artikels mit zugehöriger PZN und der Preis sowie die genaue Sortenbezeichnung und die Dosierung.

Sie habe auch alle Formalien bei der Belieferung eines BtM-Rezeptes beachtet, so Hsieh-Ehrhardt. „Es war augenscheinlich alles korrekt, es gab trotzdem eine Nullretax von der Barmer mit der Begründung, dass die Bezeichnung Blüten fehlt. Damit sind mal eben 395,65 Euro futsch“, so die Apothekerin.

Einspruch über LAV

Hinnehmen wollte Hsieh-Ehrhardt diese „unfassbare Retax“ nicht – immerhin konnten das Arzneimittel durch die Angaben eindeutig definiert und das Rezept somit korrekt beliefert werden. Deswegen hat sie Einspruch eingelegt und den Fall auch an den Landesapothekerverband Baden-Württemberg (LAV) weitergegeben: „So ein Einspruchverfahren kann dauern, in der Zeit ist es sehr ärgerlich, auf sein Geld zu warten.“ Zudem sei dem Einspruch, der durch den LAV eingereicht wurde, nicht stattgegeben worden.

Mehr noch: Die Apothekerin wird im Ablehnungsbescheid aufgefordert, einen Auszug aus der BtM-Karteikarte den Einspruchsunterlagen beizufügen. Aus dieser solle ersichtlich sein, welche Cannabisblütensorte der Versichterte zum maßgeblichen Abgabezeitpunkt erhalten habe. In diesem Fall wurde aber auf dem Rezept die Blütensorte eindeutig durch die PZN benannt. „Wir haben nun erneut Einspruch eingelegt über den LAV. Diesmal mit einem Auszug aus unserer BtM-Kartei – es bleibt also spannend“, so die Inhaberin.

Neue Masche: 8,35-Euro-Retax

Zumal solch eine Retax kein Einzelfall ist. Erst kürzlich erhielt die Inhaberin eine für sie nicht nachvollziebare Kürzung ihrer Vergütung zu einem Hochpreiserrezept: „Verordnet war Benepali 50 mg mit dem Wirkstoff Etanercept.“ Das Medikament wird unter anderem eingesetzt bei rheumatoider Arthritis, Psoriasis-Arthritis oder Plaque-Psoriasis und zählt mit einem Abrechnungspreis von 2816,30 Euro zu den sogenannten Hochpreisern.

„Ich frage mich, ob solche Retaxen mit einer Honorarkürzung von 8,35 Euro jetzt eine ganz neue Masche sind. Mir ist es ein Rätsel, warum bei einem korrekt belieferten Hochpreiser einfach der Korrekturgrund ‚Dosierangabe fehlt‘ angegeben wird. Die Dosierung ist auf dem Rezept klar erkennbar“, ärgert sich Hsieh-Ehrhardt. „Vielleicht glauben die Kassen, die Apotheker:innen denken, zum Glück haben sie den Hochpreiser nicht auf Null gekürzt, sondern nur das Honorar gekürzt.“ Auch diesen Vorfall hat die Apothekerin an den Verband gegeben und wartet seitdem auf Antwort.

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