Die ABDA-Spitze wollte Pharmaziestudent Benedikt Bühler die Langfassung ihrer Gutachten zum Rx-Versandverbot nicht überlassen. Das hat für viel Unverständnis auch in den Mitgliedsorganisationen gesorgt, denn Bühler braucht die Dokumente nach eigenen Angaben bei der Anhörung im Petitionsausschuss. Das Problem haben inzwischen andere gelöst: „Ich habe die Gutachten jetzt – elfmal“, so Bühler gegenüber APOTHEKE ADHOC.
Im Rahmen eines Fachgesprächs hatte Bühler erneut nach den Gutachten der Professoren Udo di Fabio, Jürgen Schwarze und Ulrich Becker gefragt. Doch ABDA-Präsident Friedemann Schmidt, Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz und Pressesprecher Dr. Reiner Kern halten es für nicht opportun, jetzt mit den Gutachten an die Öffentlichkeit zu gehen. Der eingeschlagene Weg von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Rx-Boni über das Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) zu verbieten, soll nicht schon wieder verlassen werden.
Doch die Strategie der ABDA-Spitze ging nicht auf: Für die mangelnde Unterstützung Bühlers seitens der Standesvertretung hagelte es viel Kritik und auch die Geheimhaltung der Gutachten scheiterte. Zumindest teilweise wurden sie Bühler anonym zugespielt. Ansonsten möchte er über die Quellen nicht sprechen. Er habe die ABDA darüber informiert, dass Minister Spahn persönlich zur Anhörung kommen wird und in diesem Zuge auch erwähnt, dass er nunmehr über die Einschätzungen der Juristen verfüge. Seitdem habe er von der ABDA nichts mehr gehört.
Und selbstverständlich werde er die Gutachten jetzt auch in die Anhörung einbringen. Im Petitionsausschuss möchte er über die Sinnhaftigkeit des Rx-Versandverbots sprechen, nicht über die Frage der Umsetzbarkeit, kündigt Bühler an. „Ich möchte die Systemfrage stellen“, so der Pharmaziestudent. Denn aus seiner Sicht ist der Zug bei dem Thema längst nicht abgefahren. Sollte sich die EU-Kommission gegen ein Rx-Boni-Verbot stellen, sei das eine vollkommen neue Ausgangssituation für die Frage des RxVV. Entsprechend hatte sich zuletzt CDU-Politiker Dr. Georg Kippels geäußert.
Da er neben Minister Spahn auch viele Fachpolitiker aus den Fraktionen erwartet, freut er sich über die Gelegenheit, seine Argumente vorzubringen. Und sollte es juristisch in die Tiefe gehen, hat Bühler Unterstützung. Die von ihm beim Ausschuss beantragte „Begleitperson mit Rederecht“ wurde bewilligt: Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas. Bühler wird als Hauptpetent zwar immer direkt angesprochen, kann die Frage aber bei Bedarf an den Anwalt weitergeben. Dessen Honorar zahlt in diesem Fall übrigens der Großhändler Noweda. Die Genossenschaft hatte – wie auch der Großhändler Fiebig – Bühler schon beim Sammeln der Unterschriften unterstützt.
Bühler erwartet, dass es ziemlich hoch hergehen wird im Umfeld der Anhörung. Zwar ist der Student in solchen Auftritten nicht ganz unerfahren, weil er sich auch bildungspolitisch engagiert und in Stuttgart schon einmal vor 14.000 Menschen gesprochen hat. Aber vor „dem Hohen Haus“ habe er doch Respekt, gesteht der Student ein.
Umso mehr freut er sich über die Unterstützung. Nicht nur seine Familie wird der Anhörung folgen, sondern auch mehrere Dozenten der Universität Budapest, an der Bühler gerade sein drittes Pharmaziesemester abschlossen hat. Dass ihr Student in seiner Heimat mittlerweile eine gewisse Prominenz erreicht hat, ist dem Lehrstuhl nicht entgangen. Immerhin musste sich Bühler im vergangenen Jahr des Öfteren wegen seines politischen Engagements von der Präsenzpflicht im Hörsaal und Labor befreien lassen. Für die Vertreter der Uni ist die Anhörung aber auch inhaltlich interessant: Immerhin wird die Liberalisierung des ungarischen Apothekenmarktes derzeit wieder zurückgedreht.
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