Antidepressiva

Brintellix: Patienten in der Import-Falle Nadine Tröbitscher, 14.03.2017 15:16 Uhr

Berlin - 

Brintellix (Vortioxetin, Lundbeck) wurde im August vergangenen Jahres vom Markt genommen. Patienten konnten noch mit Restbeständen oder Reimporten versorgt werden. Jetzt sind die Lager leer, einzige Möglichkeit für die Versorgung der Patienten ist der Einzelimport. Doch die Krankenkassen lehnen ab – weil noch Reimporte in der Lauer-Taxe herumgeistern.

Seit Brintellix in Deutschland außer Vertrieb ist, können die Betroffenen nur noch über Umwege versorgt werden. Auch Reimporte sind mittlerweile nicht mehr zu bekommen, weder über den Großhandel noch direkt. Insbesondere die Variante à 20 mg ist seit Längerem komplett ausverkauft.

In der Apotheken-EDV zu finden sind noch die Reimporte von ACA Müller, CC-Pharma, Orifarm und Pharma Gerke. Alle Präparate sind defekt, ein Lieferdatum gibt es nicht. Nachschub ist unwahrscheinlich, da der Erstattungspreis nicht kostendeckend ist. Informell heißt es, dass diese „Karteileichen“ demnächst gelöscht werden.

Lundbeck verweist auf der Homepage auf die Versorgung aus dem europäischen Ausland. Dort gibt es auch einen Vordruck für den Antrag auf Kostenübernahme. Doch mehrere Kassen lehnen ab, darunter die IKK gesund plus und die AOK Plus: Eine Prüfung des Medizinischen Dienstes habe ergeben, dass man das Medikament nicht als Importarzneimittel übernehmen könne, heißt es in einem Schreiben. Ausweislich Lauer-Taxe sei Brintellix weiterhin in Deutschland erhältlich. „Der Vertrieb wurde nicht von allen Pharmafirmen eingestellt.“ Eine Verordnung auf Kassenrezept sei somit möglich, Patienten sollten sich mit ihrem Arzt in Verbindung setzen.

Die betroffenen Patienten können gegen die Entscheidung Einspruch einlegen, sie wollen nun die Defektnachweise nachreichen in der Hoffnung, doch noch den Einzelimport genehmigt zu bekommen. Bei einigen Patienten ist eine Umstellung auf andere Wirkstoffe aufgrund ihrer Erkrankung nicht möglich. Andere können noch auf die geringere Dosierung ausweichen: Derzeit sind von der Stärke zu 10 mg in der Packungsgröße 28 Tabletten noch Restbestände als Reimport verfügbar.

Lundbeck konnte sich mit dem GKV-Spitzenverband nicht auf einen Erstattungsbetrag einigen. Mit dem von der Schiedsstelle Ende Juni festgesetzten Preis könne das Antidepressivum nicht mehr kostendeckend angeboten werden, so der dänische Hersteller. Der Konzern rief alle Chargen der Tabletten und Tropfen zurück.

Die Entscheidung, das Arzneimittel vom Markt zu nehmen, sei nicht leicht gefallen. Brintellix sei auch nach Marktrückzug weiter in Deutschland zugelassen und verkehrsfähig. Brintellix war Ende 2013 zugelassen worden. Der genaue Wirkmechanismus von Vortioxetin ist nicht bekannt. Neben der Hemmung der Serotonin-Wiederaufnahme aus dem synaptischen Spalt gibt es eine agonisitische Wirkung an 5-HT1A, eine partiell agonistische Wirkung an 5-HT1B sowie eine antagonistische Wirkung an 5-HT3, 5-HT1D und 5-HT7. Außerdem könnte es eine Wirkung auf andere Neurotransmitter gegen.