Apotheker Jürgen Hoffmann hat einen Brandbrief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach geschickt. Darin weist der Inhaber der Schwanen-Apotheke in Burgstädt den SPD-Politiker auf die Folgen der geplanten Anhebung des Kassenabschlags hin. Gleichzeitig lädt der Apotheker den Minister ein und bietet sich als Berater an.
Bei dem Brief handele es sich um eine „aufschreiende Bitte“, schreibt Hoffmann. Er erklärt in sechs Punkten, warum die Erhöhung des Kassenabschlags auf 2 Euro gravierende Folgen für die Apotheken haben kann.
Die Apotheken haben der Bevölkerung in tragender Rolle durch die Pandemie geholfen und sind laut Hoffmann dabei regelrecht über sich hinausgewachsen. „Jedoch ging der Barverkauf seit Pandemiebeginn signifikant zurück, da die Kunden sich nicht lange in den Verkaufsräumen aufhalten und umsehen.“ Die jetzige Energiekrise trage das übrige dazu bei. Eine Subventionierung der Rezeptabgabe über diese Ebene ist somit nun auch ausgeschlossen.
Hoffmann weist auf die „zahlreiche Zusatzaufgaben in der Apotheke“ hin, die zuletzt übernommen worden seien. Dabei seien „die Nerven und Belastbarkeit der Mitarbeiter strapaziert“ und das „finanzielle Polster“ der Apotheken aufgebraucht worden. Denn zahlreiche dieser Zusatzaufgaben seien gar nicht oder aber nicht ausreichend honoriert worden.
Beispielsweise sei zu Pandemiebeginn aufgrund der anhaltenden Lieferengpässe in den Apotheken Desinfektionsmittel selbst hergestellt worden. „Die horrenden Herstellkosten konnten jedoch zur Versorgung der Bevölkerung nicht umgelegt werden, sodass diese zum ‚Freundschaftspreis‘ abgegeben wurden.“
Zudem sei die Beratungszeit gestiegen. „Verunsicherung und Ängste der Kunden führten zu deutlich längeren Gesprächen über pandemiebedingte Vorsorge, Behandlung und Nachsorge.“ Nicht zuletzt auch Unterstützung der Kunden beim Installieren der Corona-Warn-App oder CovPass-App plus Hinterlegen der Impfzertifikate seien als Aufgaben dazugekommen.
Außerdem brachte laut Hoffmann die Versorgung der Ärzt:innen mit Impfstoffen aufgrund von Lieferengpässen erhöhten Abstimmungs- und Mehraufwand mit sich. „Oftmals war eine PTA fast ganztätig mit Telefonaten, Änderungen und Dokumentationen beschäftigt.“ Die Vergütung beläuft sich unterm Strich gegen Null, so der Apotheker in dem Schreiben. „Welcher Berufszweig kann sich unter solchen Bedingungen finanzieren?“
Auch die Inflation treffe die Apothekenmitarbeiter, die zum Glück noch nicht – wie andere Berufsgruppen – in Streik getreten seien. „Ein Inflationsausgleich für die Mitarbeiter ist bei einer Erhöhung des Kassenrabattes absolut unmöglich. Zumal seit 2004 keine merkliche Erhöhung des Apothekenhonorars stattgefunden hat.“ Hoffmann will wissen, wie oft in den vergangenen 18 Jahren die Diäten erhöht worden seien.
„Ich fordere Sie als oberster gesundheitspolitischer Vertreter in der Bundesregierung auf, diese Forderungen zu unterstützen. Um einem weiteren Apothekensterben entgegenzuwirken und damit nicht eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung aufs Spiel zu setzen, appelliere ich an Sie, sich für die Apothekerschaft stark zu machen. Die zahlreichen anerkennenden Worte der Politik für die Arbeit in den Apotheken sind zwar nett gemeint, jedoch wäre eine finanzielle Anerkennung dringend nötig“, heißt es weiter.
Zudem lädt er Lauterbach oder einen Vertreter nach Burgstädt ein, um die Forderungen genauer zu erklären. „Ich möchte Ihnen die Möglichkeit geben, einen authentischen Einblick in die Praxis zu erlangen, um sich selbst ein Bild der Lage zu machen.“ Er stehe auch kurzfristig für Fragen zur Verfügung. „Wir hoffen, dass Sie als Bundesminister für Gesundheit Ihrer Verantwortung gerecht werden und die Forderungen unterstützen und voranbringen. Bleiben Sie gesund“, endet sein Brief.
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