Bonus fürs Testen: Burger oder Amazon-Gutschein Alexander Müller, 29.04.2022 11:04 Uhr
Die Corona-Maßnahmen werden gelockert, negative Testergebnisse werden nur noch selten verlangt. Die Nachfrage nach kostenlosen Bürgertests ist spürbar gesunken. In Greifswald an der Ostsee werden die Verbraucher:innen mit Boni geködert, um sich möglichst oft testen zu lassen – ein rechtlich fragwürdiges Unterfangen.
Das Institut für Trainings- und Gesundheitskonzepte belohnt Verbaucher:innen dafür, kostenlose Tests in Anspruch zu nehmen. An den Testzentren im Schönewalde-Center und im Elisenpark kann man seine „Gesundheitsbonus-Karte“ abstempeln lassen. Auf einem Flyer heißt es: „Wir bedanken uns bei Ihnen für Ihr Engagement. Für 10 durchgeführte Schnelltests erhalten Sie von uns einen Gesundheitsbonus in Höhe von 10 Euro.“
Dieser Bonus wird „nach Absolvierung von 10 Schnelltests“ als Amazon-Gutschein über 10 Euro gewährt. Die Schnelltests müssen jeweils am selben Standort durchgeführt werden. Für die dritte Teststelle des Anbieters „corona-schnelltest-hgw.de“ am Sportclub gibt es offenbar noch keine Sammelkarte. Und nein, als falschen Anreiz, sich möglichst oft testen zu lassen, sehe man das Angebot nicht, hieß es auf Nachfrage.
Bürgertests scheinen in der Ostseestadt ein hart umkämpftes Geschäft zu sein. Denn auch die Firma Archeon Gefsis von Gregor Wagner hat ein Bonussystem. Er betreibt in Greifswald vier Testzentren: im Mövencenter, in der Innenstadt, in der Nähe der Uniklinik und an „seinem“ Burger King im Südosten der Stadt, zu finden unter „schnelltest-hgw.de“.
Wer sich an einem der Standorte testen lässt, bekommt zu seinem Ergebnis noch einen Gutschein: „Zeige einfach deinen negativen Testnachweis vom Schnelltest-HGW innerhalb von drei Tagen beim Burger King Greifswald vor und wähle zwischen einen GRATIS Hamburger, Cheeseburger, Nuggets Burger, kleinen Kaffee oder ein kleines Softgetränk.“
Das Angebot gilt „Gratis zu jedem Schnelltest“ – nur positiv Getestete werden natürlich weggeschickt, wie der Stellvertreter von Firmenchef Wagner auf Nachfrage versichert. Ob das Angebot nicht zum Missbrauch der kostenlosen Tests einlade, dazu wollte er sich nicht äußern. Wagner selbst war bislang nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Rechtsanwalt Fabian Virkus von der Steuerberatungsgesellschaft Treuhand Hannover hat Zweifel, dass solche Boni rechtlich zulässig sind. Er verweist auf § 3 Abs. 2 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG). Unzulässig sind demnach geschäftliche Handlungen, „wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen“.
Das sieht Virkus hier als erfüllt an. Die Boni seien offensichtlich dazu bestimmt, das Verbraucherverhalten zu beeinflussen. Und die unternehmerische Sorgfalt sei nicht erfüllt: „Das Angebot animiert zur übermäßigen Inanspruchnahme einer staatlichen Leistung.“ In solchen Konstellationen sei das Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten. Virkus verweist auf einen ähnlich gelagerten Fall, bei dem eine Versandapotheke den Kund:innen falsche Quittungen über tatsächlich nicht gezahlten Zuzahlungen ausgestellt hatte. Das wurde zumindest als Beihilfe zu einer Straftat gesehen.
Ein Apotheker aus Greifwald, der ebenfalls testet, sieht den „Burger-King-Bonus“ auch kritisch: „Das ist mit dem Gesundheits- und Vorsorgegedanken des Testens nicht zu vereinbaren.“ Juristisch sei man vor allem aus Zeitmangel aber nicht dagegen vorgegangen. Denn genug Nachfrage nach Antigen-Schnelltest sei vorhanden gewesen – mit Phasen von mehr oder weniger Andrang, je nach aktueller Empfehlung oder Urlaubs- und Ferienzeiten.