Bonn

Mit Vollgas zur eigenen Apotheke Torsten Bless, 30.07.2017 13:00 Uhr

Berlin - 

Von der Angestellten zur Chefin einer 140-Quadratmeter-Offizin: In noch nicht mal sechs Monaten erfüllte sich Damorena Grigore den Lebenstraum vom eigenen Betrieb. Die Bonner Apotheke im Knauber trumpft mit moderner Technik, Spezialisierungen und langen Öffnungszeiten auf.

„Schon als Teenager in der Oberstufe wusste ich, dass ich Apothekerin werden wollte. Ich fand die Wissenschaft dahinter spannend: Was ist in den Medikamenten enthalten? Und wie wirken sie? Das hat mich fasziniert“, erinnert sich Damorena Grigore. „Ich wollte anderen Menschen helfen. Dabei hilft es mir, dass ich sehr kommunikativ bin.“ Nach dem Abitur studierte Grigore in Bonn. Seit sieben Jahren arbeitet sie in der Offizin, die ersten fünf Jahre als Angestellte in Köln. „Ich liebe meinen Beruf, er macht mir unheimlich viel Spaß.“

Doch suchte sie eine neue Herausforderung: „Im letzten Jahr ist der Wunsch immer stärker geworden, mich selbstständig zu machen. Auf verschiedenen Kanälen habe ich nach einem geeigneten Standort gesucht, über die Börse der Apobank, in Annoncen in den Zeitungen und der Apothekerfachpresse, hab Bekannte und Freunde und auch eine Vermittlungsagentur eingeschaltet.“

An eine Neugründung hatte Grigore zunächst nicht gedacht. „Eigentlich hatte ich nach einer bestehenden Apotheke gesucht, die ich übernehmen kann.“ Mitte Dezember machte sie ein Makler jedoch auf eine Ausschreibung des Knauber Freizeitmarkts im Stadtteil Endenich aufmerksam. Hier sollte eine neue Apotheke entstehen, dafür wurden Bewerber gesucht. „Eine Nacht hab ich noch darüber nachgedacht, dann wollte ich es unbedingt angehen. Ich lebe gar nicht weit weg vom Knauber, kenne die Gegend und ihre Menschen sehr gut.“ Eine ideale Voraussetzung also, um ihren Hut in den Ring zu werfen, fand sie, „auch wenn das Risiko größer war und ich auf einmal sehr viel mehr Arbeit am Hals hatte.“

Der Standort sei für sie geradezu ideal. „Der Knauber war früher mal ein Baumarkt, jetzt ist er ein Hobby- und Freizeitmarkt, in dem es auch Blumen oder Möbel gibt. In der Bonner Gegend ist der Knauber eine Institution und hat acht Filialen“, berichtet die Apothekerin. „Der Endenicher Markt ist aber das Flaggschiff. Er liegt in einem Gewerbe- und Industriegebiet. Hier gibt es viele Supermärkte und eine Feinkostmeile mit Obst aus der Region, frischem Fisch, Käse und italienischen Spezialitäten“, zählt Grigore auf. „200 Parkplätze sind direkt vor der Tür. Die nächste Apotheke ist einen halben Kilometer entfernt.“

Um zu ihrem Traumziel zu gelangen, drückte sie aufs Tempo: Schon zwischen Weihnachten und Neujahr hatte sie gemeinsam mit ihrem Finanzberater ein Konzept geschrieben, wie ihre Apotheke mal aussehen sollte, und einen Existenzgründungs- und Businessplan erstellt. Die Bank gab bald grünes Licht für die Finanzierung und in der dritten Januarwoche des neuen Jahres hatte sie auch die Zusage von Knauber in der Tasche.

Grigore gönnte sich keine Atempause, ließ Baupläne erstellen, plante das Sortiment und feilte gemeinsam mit MediConcept und Wiemer Einrichtungen an Design und Ausstattung. Die in den Räumen noch vorhandene alte Gastronomie musste weichen. Im April hatte sie das Team zusammen. „Mit Putzfrau und mir als Chefin sind wir zu zehnt.“

Im Mai kamen Einrichtung, Ware und Technik. Ein Rowa-Kommissionierautomat hält mehr als 10.000 Medikamentenpackungen bereit. „Ich wollte eine Apotheke, die dem Wettbewerb standhalten kann. Darum habe ich in die modernste und effizienteste Technik investiert“, betont sie. „So kann sich auch die neue Generation, die schon digital aufwächst, hier wiederfinden.“ Am 8. Juni öffnete die Apotheke im Knauber ihre Tore auf insgesamt 250 Quadratmetern, die Offizin allein umfasst 140 Quadratmeter.

Zusätzlich zu ihrer Größe trumpft die Apotheke im Knauber mit ihren langen Öffnungszeiten und Spezialisierungen auf. „Wir haben einen sehr schönen Kosmetikbereich mit Kirschbäumen an den Warteplätzen. Eine Mitarbeiterin hat eine Zusatzausbildung als Kosmetikerin gemacht. Auf Wunsch bieten wir eine Hautanalyse an.“ Ein anderer Kollege habe sich auf Reise- und Impfmedizin verlegt. „Nach Terminvereinbarung können wir so eine fundierte, eigens auf die gewünschte Region abgestimmte Beratung anbieten. Wir stellen auch eine Urlaubsapotheke zusammen.“

Zwei weitere Kollegen seien ausgewiesene Ernährungsberater. „Sie wissen alles über Nahrungsergänzungsmittel und Metabolic Tuning, also Leistungssteigerung durch entsprechende Mittel.“ Das Team bietet zudem eine Medikationsanalyse mit Interaktionscheck an. „Nicht immer kommunizieren die Fachärzte gut untereinander, da kann es schon mal sein, dass sich verschriebene Arzneimittel untereinander nicht vertragen.“

Auch für Frauen mit Kinderwunsch, Schwangere und Stillende hält die Apotheke im Knauber eigene Angebote bereit. „Wir sagen, was es während der Schwangerschaft bei der Medikamenteneinnahme zu beachten gibt oder welche Vitamine ein Neugeborenes braucht.“

Das Warenangebot umfasst auch speziell auf die Bedürfnisse von (werdenden) Müttern abgestimmte Massageöle, Milchbildungs- oder Stilltees. Auf Wunsch können Babywaagen und Milchpumpen ausgeliehen werden. „Das wird gut angenommen“, freut sich Grigore. Ältere Kinder finden einen eigenen Bereich vor, wenn es denn bei einer Beratung der Eltern mal wieder länger dauert. „Wir haben ein Spielhaus, das wie ein Bus aussieht, es kommt super an.“

Nach guten anderthalb Monaten ist sie glücklich, das enorme Risiko eingegangen zu sein. „Es hat sich auf jeden Fall gelohnt, ich glaube an mein Projekt“, bekräftigt die Apothekerin. Auch ihren Kollegen rät sie zu mehr Mut auch in angespannten Zeiten: „Natürlich müssen Apotheker mit anderen Bedingungen zurechtkommen als noch vor 20 Jahren. Viele Apotheken müssen schließen, aber da muss man sich den Einzelfall betrachten. Manche Betriebe sind nicht gut geführt, andere nicht rentabel, aus manchen Gegenden ziehen auch die Leute weg“, sagt Grigore. „Ich bin mir aber sicher, dass die Apotheke immer eine Zukunft hat, wenn sich die Apotheker auf die Zukunft einstellen.“